Die Kandidaten bei der Präsidentenwahl
Istanbul (dpa) - Drei Kandidaten bewerben sich am 10. August um das Präsidentenamt in der Türkei. Bei der erstmaligen Wahl des Staatsoberhauptes durch das Volk geht Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan als haushoher Favorit ins Rennen.
- RECEP TAYYIP ERDOGAN: Der heute 60-Jährige stammt von der Schwarzmeerküste. Seine Familie zog nach Istanbul, als er 13 Jahre alt war. Erdogan wuchs im Arbeiter- und Armenviertel Kasimpasa auf, wo er auf der Straße Wasser und Sesamkringel verkaufte, um zum Familienunterhalt beizutragen. Außerdem zog es Erdogan auf den Fußballplatz, er spielte zeitweise in der Amateurliga. Geprägt wurde er vom Besuch der religiösen Imam-Hatib-Schule, an der Prediger und Vorbeter ausgebildet werden. Er absolvierte außerdem ein Studium an der Wirtschaftsfakultät der Marmara-Universität in Istanbul.
Erdogan machte eine steile politische Karriere. 1994 wurde er Bürgermeister von Istanbul. 2001 gehörte er zu den Mitgründern der islamisch-konservativen AKP, die er bis heute anführt. Bereits im Jahr darauf gewann die AKP die Parlamentswahl, 2003 wurde Erdogan Ministerpräsident. Seitdem führt er seine Partei von Wahlsieg zu Wahlsieg. Die Türkei erlebte unter seiner Regierung einen gigantischen wirtschaftlichen Aufschwung. Kritisiert wird er aber für seinen zunehmend autoritären Regierungsstil.
- EKMELEDDIN IHSANOGLU: Der heute 70-Jährige wurde in Kairo geboren und wuchs in der ägyptischen Hauptstadt auf. Er studierte Chemie in Kairo und promovierte 1974 in der türkischen Hauptstadt Ankara. Ihsanoglu verfolgte zunächst eine akademische Laufbahn und veröffentlichte mehrere Bücher. Der gläubige Muslim machte sich international einen Namen als Gelehrter für islamische Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. 2003 war er Gastprofessor für Islamstudien an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität.
Anfang 2005 wurde Ihsanoglu mit Unterstützung der Erdogan-Regierung zum Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) gewählt. Im Sommer vergangenen Jahres kam es allerdings zum Bruch mit der AKP: Sie warf ihm Passivität an der OIC-Spitze nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär vor. Im Juni einigten sich die beiden größten Oppositionsparteien CHP und MHP überraschend auf den bis dahin kaum bekannten Ihsanoglu als gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten. Sein Wahlkampf blieb schwach.
- SELAHATTIN DEMIRTAS: Der 41-Jährige stammt aus dem Osten der Türkei und gehört der kurdischen Minderheit an. Demirtas studierte Jura in Ankara, engagierte sich als Menschenrechts-Aktivist und für die Rechte der Kurden. Seit 2007 ist er Parlamentsabgeordneter. Er ist Ko-Vorsitzender der pro-kurdischen Partei HDP, der viertgrößten Kraft im Parlament. Demirtas zeigte sich im Wahlkampf charismatisch und schlagfertig. Er sieht sich als Kandidat „der Armen, Unterdrückten und Unterprivilegierten“. Demirtas ist - wie auch Erdogan und Ihsanoglu - verheiratet. Alle drei Kandidaten haben Kinder.