Die Schwachpunkte und Trümpfe Italiens
Rom (dpa) - Italien ist nicht Griechenland - darauf weist nicht nur der angeschlagene Regierungschef Silvio Berlusconi in Rom gerne hin. Italien darf nicht Griechenland werden, tönt es warnend aus Europa zurück.
Denn wenn es mit der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone bergab gehen sollte, wären die Folgen verheerend. Doch das Land hat nicht nur Schwächen, es hält auch Trümpfe in der Hand.
Warum wird Italien häufig in einem Atemzug mit Griechenland genannt?
Da ist zum einen die hohe Staatsverschuldung, die höchste nach Griechenland in der Euro-Zone gemessen an der Wirtschaftsleistung. Mittlerweile hat Italien einen Schuldenberg von 1,9 Billionen Euro angehäuft. Die Ratingagenturen haben das Land unisono herabgestuft, hohe Zinsen bei den italienischen Staatsanleihen werden immer drückender und hängen wie ein Damoklesschwert über der Zukunft des Landes.
Wie entwickelt sich die Wirtschaft?
Das Verschuldungsproblem könnte noch bewältigt werden, wenn es nicht gleichzeitig - und das auch seit geraumer Zeit - an Wirtschaftswachstum fehlten würde. Auf nur noch 0,3 Prozent schätzt der Internationale Währungsfonds den Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) Italiens in diesem Jahr. Die Mitte-Rechts-Regierung Berlusconis hat zwar zwei große Sparpakete aufgelegt, kann sich aber trotz allen Drängens aus Brüssel und von der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht auf tiefgreifendere Struktur- und Liberalisierungsreformen einigen.
Wie glaubwürdig ist Berlusconis Regierung noch?
Das Glaubwürdigkeitsproblem der Regierung des 75-jährigen Berlusconi ist die vielleicht schwerwiegendste Schwäche. Die Sparpakete waren mühsam und unausgewogen geschnürt. In der Koalition, die in Rom regiert, kracht es immer wieder, Sexaffären und Prozesse absorbieren Energie und Zeit des „Cavaliere“. Investitionen müssten her, eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes, um vor allen auch der jungen Generation im Süden Italiens eine Chance auf Arbeit zu geben.
Womit kann Italien punkten?
„Bella Italia“ hat einige Stärken vorzuweisen, die es von Griechenland abheben. Da ist zum einen die Industrieleistung des G8-Mitglieds - vor allem im wirtschaftsstarken Norden mit seiner Automobilindustrie, den Chemieunternehmen, der Modebranche und bisher stützenden, soliden Banken. Kein Wunder also, dass die aufmüpfige und populistische Lega Nord am liebsten die Taue kappen und den Norden mit Mailand und Turin vom Mezzogiorno trennen möchte.
Was könnte dem Land jetzt helfen?
Die italienischen Erfahrungen im Umgang mit Wirtschaftskrisen und Rezessionen sind nicht zu unterschätzen. Es gibt eine Tradition, sich letztlich doch noch einmal - wenn auch oft nur knapp - aus dem Morast zu ziehen. Was häufig gelungen ist, das muss aber nicht immer gelingen. Zwar macht Italien oberflächlich den Eindruck, gelähmt zu sein durch eine Politik, die kaum etwas vorwärtszubringen scheint. Doch gibt es im Land eine Unzahl kleiner und mittlerer Firmen, die kreativ sind und eigentlich nur darauf warten, dass die im Land wuchernde Bürokratisierung und Reglementierung abgebaut werden.