Die schwierige „Scheidung“ vom Pflichtverteidiger
München (dpa) - Das Münchner Oberlandesgericht hat im NSU-Prozess den Antrag der ursprünglichen Pflichtverteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe auf Entpflichtung abgelehnt. Das Gericht unter Vorsitz von Manfred Götzl setzt den Prozess nun wie geplant fort.
Das Debakel wirft aber Fragen auf.
Müssen die drei Pflichtverteidiger jetzt bis zum Ende zwangsweise weitermachen ?
Ja. Während ein Wahlverteidiger sein Mandat niederlegen kann, entscheidet beim Pflichtverteidiger das Gericht. Wechsel bei der Pflichtverteidigung sind deshalb selten. Wer ein solches Mandat übernimmt, weiß, dass er bis zum bitteren Ende bleiben muss. Die drei Zschäpe-Anwälte können aber einen neuen Antrag stellen - er muss nicht einmal begründet werden. Allerdings hat er dann geringere Chancen, wie der Fall bereits zeigte: Der Vorsitzende begründete die Ablehnung damit, dass die Anwälte keine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Zerrüttung geliefert hätten. Die Anwälte wiederum hatten sich auf ihre Schweigepflicht berufen, von der Zschäpe sie nicht entbunden habe.
Was kann Anlass für das Ausscheiden eines Pflichtverteidigers sein?
Es gibt eine Handvoll Gründe: Eine schwerwiegende Erkrankung etwa, eine Pflichtverletzung des Verteidigers - oder eben ein nachhaltig zerbrochenes Vertrauensverhältnis, sofern die Gründe dafür nicht beseitigt werden können.
Was ist, wenn einer der Anwälte nun einfach wegbleibt?
Sollte ein Anwalt unentschuldigt dem Prozess fernbleiben, können ihm die dadurch entstehenden Kosten auferlegt werden - was immer das im Einzelfall bedeutet. Der Prozess um die zehn Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) verursacht jedenfalls immense Kosten - pro Tag sind es schätzungsweise 150 000 Euro. Insofern könnte ein „Schwänzen“ einen Anwalt teuer zu stehen kommen.
Würde ohne die drei Anfangs-Anwälte der Prozess platzen?
Nicht zwingend. Nach der Strafprozessordnung ist ein Anwaltswechsel möglich. Ein neuer Verteidiger muss sich ausreichend einarbeiten können. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass ein Wechsel am Ende doch einen Revisionsgrund liefert. Auf der Richterbank hingegen müssen Richter sitzen, die den Prozess von Anfang an verfolgt haben - weshalb der NSU-Prozess mit der ungewöhnlich hohen Zahl von drei Ergänzungsrichtern startete. Inzwischen ist einer von ihnen nachgerückt, da eine Richterin ausfiel.
Wie kann das jetzt überhaupt gut weitergehen?
Das wird sich zeigen. Die drei Verteidiger seien in jedem Fall Organe der Rechtspflege, sagt eine OLG-Sprecherin. Es seien immerhin die drei Verteidiger, die sich Zschäpe am Anfang selbst gewählt hatte. „Sie müssen für ein faires Verfahren und den fairen Ablauf sorgen.“ Und dass sie das nicht könnten - dafür „sind keine Gründe bekannt“.