Gericht Prozess um Säureanschlag auf Topmanager beginnt in Wuppertal
Wuppertal/Haan · Vor mehr als vier Jahren verätzten zwei Unbekannte in Haan bei Düsseldorf den Topmanager Bernhard Günther mit hochkonzentrierter Schwefelsäure. Nun beginnt der Prozess gegen einen der mutmaßlichen Attentäter.
Manager Bernhard Günther war joggen, danach hatte er noch frische Brötchen geholt, als es passierte: Ungefähr 200 Meter vor seiner Haustür lauerten zwei Unbekannte dem damals 51-Jährigen in einer Grünanlage auf und schütteten ihm hochkonzentrierte Schwefelsäure über den Kopf.
Günther, damals Finanzvorstand der RWE-Tochter Innogy, wurde am Sonntagmorgen des 4. März 2018 mit schweren Verätzungen in eine Spezialklinik gebracht, schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Er hatte sich noch nach Hause schleppen und einen Teil der Säure mit Wasser vom Körper spülen können.
Mehr vier Jahre später beginnt am Wuppertaler Landgericht am kommenden Freitag der Prozess gegen einen der mutmaßlichen Säure-Attentäter.
Der 42-Jährige Belgier war im vergangenen Dezember in der belgischen Provinz Limburg festgenommen worden: Seine DNA war am Tatort sichergestellt worden. Ein Abgleich ergab einen Volltreffer. „Ziel des Anschlags war es, ihn zu entstellen“, hatte eine Sprecherin der Wuppertaler Staatsanwaltschaft gesagt.
Sein Verteidiger wollte sich im Vorfeld des Prozesses nicht zu den Vorwürfen äußern. Nach seiner Festnahme hatte der 42-Jährige zu den Vorwürfen geschwiegen.
Der Säureanschlag auf den Manager hatte für internationales Aufsehen gesorgt. Trotz hoher Belohnung des Unternehmens, das 100.000 Euro auf die Täter ausgesetzt hatte, dauerte es eineinhalb Jahre, bis die Ermittler 2019 einen ersten Verdächtigen in Köln bei einem Sportturnier festnehmen konnten - und diesen kurz darauf aber wieder freilassen mussten, weil die Beweislage nicht ausreichte.
Danach dauerte es weitere zwei Jahre, bis die Ermittler endlich einen Erfolg verkünden konnten: Die Festnahme jenes Mannes, der seither in Untersuchungshaft auf seinen Prozess wartet.
Günther ist inzwischen Finanzvorstand des finnischen Energieversorgers Fortum. Den Auftraggeber des Anschlags vermutete er im beruflichen Umfeld. Er habe einen konkreten Verdacht, werde aber keinen Namen nennen. Wenige Tage nach dem Überfall war bekannt geworden, dass die RWE-Tochter Innogy zerschlagen und Teile vom Konkurrenten Eon übernommen werden sollten.
Sollte Ziel des Anschlags gewesen sein, den Finanzvorstand dabei als Rivalen aus dem Weg zu räumen, misslang dies: Günther blieb als einziger Vorstand nach der Übernahme durch Eon im Amt. 2019, rund ein Jahr nach dem brutalen Anschlag, trat er deutlich gezeichnet bei einer Bilanzpressekonferenz erstmals wieder in der Öffentlichkeit auf.
Günthers Anwalt Martin Meinberg wird ihn nun als Nebenkläger im Prozess vertreten. Der inzwischen 55-jährige Manager wird seinem mutmaßlichen Peiniger spätestens dann gegenüber stehen, wenn er als Zeuge im Gerichtssaal aussagen muss.
Dem 42-jährigen Angeklagten drohen im Fall einer Verurteilung zwischen 3 und 15 Jahren Haft wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung. Das Gericht hat für den Fall bis Ende August acht Verhandlungstage angesetzt.