DOSB-Präsident Bach: Sport nicht instrumentalisieren
Berlin (dpa) - Knapp sechs Wochen vor der Fußball-EM in der Ukraine hat der deutsche Ober-Olympier Thomas Bach vor einer Instrumentalisierung des Sports gewarnt.
„Der Sport darf nicht zum Knüppel der Politik werden“, sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Freitag der Nachrichtenagentur dpa, „man darf den Sport nicht überfordern. Der Sport ist nicht in der Lage, für die Einhaltung und Umsetzung der Charta der Vereinten Nationen zu sorgen. Dies ist Aufgabe der Politik.“
In öffentlichen Debatten über sportliche Großereignisse in Ländern, die massiv gegen Menschenrechte verstoßen, waren zuletzt die EM-Endrunde in der Ukraine, der Formel 1-Grand Prix in Bahrain und die Eishockey-WM 2014 in Weißrussland stark in die Kritik geraten.
Trotzdem glaubt Bach nicht, dass der Druck auf den Sport zunimmt, sich politisch zu positionieren. „Das ist keine neue Erscheinung. Diese Diskussionen gibt es im Sport seit Jahrzehnten“, sagte der Spitzenfunktionär, gleichzeitig Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), „wenn der Sport in politischen und Menschenrechtsfragen nachhaltig positiv wirken will, muss er politisch neutral, aber nicht apolitisch handeln.“ Auch vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking hatte es monatelange Diskussionen über die Menschenrechtsverletzungen in China gegeben. Das IOC argumentierte damals mit seiner politische Neutralität, eine merkliche Verbesserung der Lage ist seitdem nicht eingetreten.
Die Menschenrechtssituation in den Bewerberländern hat für die Sportverbände bei der Vergabe von Großereignissen bisher keine Rolle gespielt. Finanzielle und wirtschaftlichen Interessen und neue Marktchancen haben Vorrang. Erst am Mittwoch hatte Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, im ARD-Morgenmagazin unterstrichen: „Sport ist keineswegs ein Satellit im politikfreien Raum. Er hat sehr wohl die Aufgabe, seine Stimme zu erheben.“
Bach verweist dagegen auf den Sport als „die wahrscheinlich größte Kommunikationsplattform der Welt“. Immer wieder gebe es von politischer Seite aus den Versuch, den Sport zu instrumentalisieren. „Der Sport kann aus sich heraus positiv wirken durch die mit ihm verbundene erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit und kritische Begleitung“, meinte der 58-Jährige, „diese öffentliche Debatte kann sehr hilfreich sein, da sie auf Probleme aufmerksam macht.“
Zudem mahnte der Jurist aus Tauberbischofsheim zu Besonnenheit. Die Geschichte habe gezeigt, „wie sinn- und erfolglos Boykotte sind. Diese Einschätzung wird zwischenzeitlich allgemein geteilt, man denke nur an Moskau 1980.“