EU-Außenminister für Waffenlieferungen in den Irak
Erbil/Brüssel (dpa) - Die EU-Außenminister haben sich für Rüstungslieferungen an irakische Kurden im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ausgesprochen.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) machte bei einem Treffen am Freitag in Brüssel deutlich, dass dazu auch Waffen gehören können. Die Bundeswehr begann Hilfsflüge in den Irak, um verfolgten Flüchtlingen mit Lebensmitteln und Sanitätsgütern zu Hilfe zu kommen. Nach dem Regierungskompromiss in Bagdad wird Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Samstag in der irakischen Hauptstadt erwartet.
Der UN-Sicherheitsrat beschloss in New York Sanktionen gegen sechs Unterstützer islamistischer Terrorgruppen im Irak und im Nahen Osten insgesamt. Damit soll deren Finanzierung unterbrochen werden. Zudem werden alle 193 UN-Staaten verpflichtet, Finanzierung und Rekrutierung für Terrorgruppen zu unterbinden.
In Hohn (Schleswig-Holstein) flogen am Freitagmorgen fünf Transportflugzeuge vom Typ Transall mit insgesamt rund 30 Tonnen Lebensmitteln und sechs Tonnen medizinischem Material an Bord ab. Es ist der erste Transport dieser Art. Nach einem Zwischenstopp in der Türkei sollte die Ladung weiter nach Erbil im nordirakischen Kurdengebiet geflogen werden. Dorthin konnten sich Zehntausende Jesiden, Christen und andere Vertriebene retten, die von den Islamisten terrorisiert werden. IS-Kämpfer sollen in einem jesidischen Dorf im Nordirak ein Massaker angerichtet haben.
Steinmeier erwähnte in Brüssel mögliche Munitionslieferungen aus Osteuropa. „Wenn denn geliefert wird von einzelnen Mitgliedsstaaten, dann wird sich unser Blick auch auf unsere osteuropäischen Mitgliedsländer richten, insbesondere was Munition angeht“, sagte der SPD-Politiker. Denn die Streitkräfte in Kurdistan hätten häufig eine „Ausrüstung, die noch aus Zeiten des Ostblocks stammt.“
Ob sich Deutschland an Waffenlieferungen beteiligen wird, blieb unklar. „Wir müssen bis an die Grenze des rechtlich und politisch Machbaren gehen“, kündigte Steinmeier an. Beim Kampf gegen die Terrormiliz sei eine enge Abstimmung mit der irakischen Führung nötig. „Wir werden uns zunächst mal anhören, was dort erwartet wird von den Europäern und auch von Deutschland“, sagte er.
Frankreich hat sich als einziges EU-Land bereits für Waffenlieferungen entschieden. London stellt Transportkapazitäten bereit. Tschechien könnte bereits Ende August erste Handfeuerwaffen oder Munition an die Kurden im Nordirak liefern, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Prag.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen äußerte sich in der „Bild“-Zeitung (Freitag) zu der Frage, was passieren werde, wenn der Vormarsch der Terrorgruppe weitergehen sollte. „Dann müssen wir mit den anderen Ländern weitere Entscheidungen fällen. Generell gilt: Wenn sich ein Völkermord nur mit deutschen Waffen verhindern lässt, dann müssen wir helfen“, kündigte die CDU-Politikerin an.
Die „Bild“-Zeitung berichtete unter Berufung auf eine geheime Vorlage an die Bundeswehrführung, es werde erwogen, für Partnerländer die Lieferung von militärischer Ausrüstung, Waffen und Munition in den Irak zu übernehmen. Nach Informationen des Blattes werde im Verteidigungsministerium diskutiert, Kalaschnikow-Maschinenpistolen aus Bulgarien und Rumänien an die Kurden zu liefern.
In Bagdad zeichnete sich ein Ende des politischen Machtkampfes ab. Der umstrittene Regierungschef Nuri al-Maliki erklärte sich zum Rückzug bereit. Der designierte Nachfolger Haidar al-Abadi, der ebenfalls der schiitischen Dawa-Partei angehört, kündigte eine Politik der nationalen Einheit des Landes an. Dafür erhielt er auch Unterstützung vonseiten der sunnitischen Minderheit.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte Al-Abadi ihre Unterstützung zu. Die Bundesregierung werde ihm bei der Bewältigung der Herausforderungen zur Seite stehen, sagte Merkel nach Angaben eines Sprechers bei einem Telefongespräch. Merkel dankte zudem dem Präsidenten der Region Kurdistan-Irak, Massud Barsani, für den entschlossenen Einsatz im Kampf gegen die Terroristen und für den Schutz, den die Regionalregierung den Flüchtlingen verschiedener Minderheiten gewähre.
Das Machtvakuum in der irakischen Politik hatte lange Zeit den Kampf gegen die Terrormiliz IS behindert, die inzwischen große Gebiete erobert und Zehntausende Menschen vertrieben hat. Die kurdische Nachrichtenagentur Basnews berichtete am Freitag, IS-Extremisten hätten in dem Ort Tel Kudscho in der Sindschar-Region mindestens 80 Männer getötet. Andere jesidische Quellen sprachen von etwa 100 Toten. Die kurdische Nachrichtenseite Rudaw meldete, die Opfer seien erschossen worden, weil sie nicht zum Islam übertreten wollten. Frauen und Kinder seien in den Ort Tel Afar verschleppt worden. Demnach lebten in Tel Kudscho rund 180 Familien.
Bei US-Luftangriffen im Nordirak kamen nach Angaben von Augenzeugen auch mindestens elf Zivilisten ums Leben. Die US-Luftwaffe habe in der Region Sindschar Raketen gegen die Terrorgruppe IS abgefeuert, sagten Augenzeugen. Diesen seien jedoch in Häusern von Zivilisten eingeschlagen. Die US-Luftwaffe bombardiert seit mehreren Tagen Stellungen der IS-Extremisten im Nordirak. Die Luftschläge sollen die Flüchtlinge und US-Militärs in der Region schützen.