Europas Banken brauchen dringend frisches Geld

London/Frankfurt (dpa) - Um für künftige Krisen gewappnet zu sein, müssen sich viele Großbanken in Europa frische Milliarden besorgen. Das ist das Ergebnis des jüngsten Stresstests der Europäischen Bankenaufsicht EBA, der am Donnerstagabend veröffentlicht wurde.

Demnach brauchen 31 von 65 der größten Institute (ohne Griechenland) dringend frisches Kapital. Der verschärfte Stresstest ergab, dass fast 115 Milliarden Euro fehlen. Allein die sechs deutschen Institute Deutsche Bank, Commerzbank, DZ Bank, Helaba, WestLB und NordLB brauchen 13,1 Milliarden Euro Kapital, um sich für Krisenzeiten zu rüsten.

Den größten Bedarf hat mit 5,3 Milliarden Euro wie erwartet die stark in den Euro-Schuldenländern engagierte Commerzbank. Wie die Institute die Lücken schließen wollen, sollen sie bis zum 20. Januar bei den nationalen Aufsichtsbehörden erklären. Bis Ende Juni haben sie dann Zeit, diese Pläne umzusetzen. Können sie die Kapitalpuffer nicht aus eigener Kraft verstärken, drohen notfalls Staatshilfen.

Der Deutschen Bank fehlen 3,2 Milliarden Euro, um eine harte Kernkapitalquote von neun Prozent zu erreichen. Diesen Wert müssen die europäischen Institute nach Vorgabe der EBA bis Ende Juni 2012 erreichen.

Kapitalbedarf haben auch die genossenschaftliche DZ Bank (353 Mio Euro) sowie die Landesbanken Helaba (1,5 Mrd Euro), NordLB (2,5 Mrd Euro) und WestLB (224 Mio Euro). Die WestLB stand nur noch pro forma auf der Liste der 13 deutschen Banken. Die Zerschlagung des Düsseldorfer Instituts ist längst beschlossene Sache.

Zuletzt hatten sich die deutschen Institute optimistisch gezeigt, die Lücken aus eigener Kraft schließen zu können. Auch die bereits teilverstaatlichte Commerzbank will neuerliche Hilfen des Bundes unbedingt vermeiden.

Ursprünglich waren Europas Aufseher von 5,2 Milliarden Euro Kapitalbedarf für Deutschlands Banken ausgegangen. Nachdem die EBA die Kriterien verschärft hatte, war in Finanzkreisen zuletzt ein Wert von rund 10 Milliarden Euro gehandelt worden. Bundesbank und Bafin stellten klar: Dass die Summe höher ausfiel als zunächst erwartet, sei vor allem „einer sehr harten Kernkapitaldefinition“ geschuldet.

Die EBA ließ letztlich die zumeist schlechten Geschäftsergebnisse aus dem dritten Quartal einfließen, setzte strengere Maßstäbe für Risikoanlagen an und schränkte die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten bei Staatsanleihen ein. Die härteren Vorgaben bekamen besonders die deutschen Geldhäuser zu spüren. Europaweit erhöhte sich der Kapitalbedarf im Vergleich zu den ursprünglichen Annahmen nur um rund 8 Milliarden auf 114,7 Milliarden Euro.

Mit dem beim EU-Gipfel Ende Oktober beschlossenen Test wollte die Politik Vertrauen der Märkte in die Stabilität der Banken zurückgewinnen. Kritiker bezweifeln, dass das angesichts des Hick-Hacks um die Maßstäbe und der immer wieder verschobenen Veröffentlichung der Ergebnisse gelingen wird.