Experte: Ohne Reformen droht der Euro zu zerbrechen
Berlin/Freiburg (dpa) - Frankreich hat gewählt und sich gegen die Sparpolitik des Duos „Merkozy“ entschieden. Wahlsieger Hollande setzt jetzt auf Wachstum statt auf allzu hartes Sparen. Das hat Folgen - und bringt den Euro nach Expertenmeinung erneut in Gefahr.
Nach der Wahl in Frankreich fürchtet ein Experte um notwendige Reformen in der Eurozone. „Wenn wir die Unterschiede der Wettbewerbsfähigkeit nicht mit Hilfe von Reformen angehen, dann bleiben eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder zerbricht der Euro oder wir geraten in eine Transferunion“, sagte Matthias Kullas, Fachbereichsleiter Wirtschafts- und Stabilitätspolitik des Centrums für Europäische Politik (CEP) in Freiburg, dem Informationsdienst dpa Insight EU.
Frankreichs neuer Präsident, der Sozialist François Hollande, sei in seinem Wahlkampf nicht auf realwirtschaftliche Reformen eingegangen, die in Frankreich dringend nötig seien. Sollten diese ausbleiben, „dann würde die Krise, in der wir uns befinden, nicht gelöst“. Diese Gefahr sei durch Hollande wesentlich größer geworden. In diesem Fall könnten auch andere Mitgliedstaaten auf Reformen verzichten. In der Folge blieben die Wettbewerbsfähigkeit und auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Staaten unterschiedlich - „und dann bleibt eigentlich nur die Transferunion - oder der Zusammenbruch“.
„Solange sich die Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone nicht angleicht, wird sich die Krise weiter verschärfen“, betonte Kullas. „Die Frage ist jetzt: Wird das Ganze durch die Wahl beschleunigt? Und das hängt davon ab, was Hollande von seinen Ankündigungen tatsächlich umsetzt.“ Der Experte sagte: „Grundsätzlich muss man dazu sagen: Wachstum muss nicht immer Geld kosten.“ Das zeige das deutsche Beispiel: Bei der Agenda 2010 sei es eher darum gegangen, Leistungen zu kürzen und Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt vorzunehmen.
Die EU werde Hollande mit einem separaten Wachstumspakt zusätzlich zum Fiskalpakt entgegenkommen, sagte der Experte. Was dieser Pakt für die Zukunft des Euro bedeute, hänge davon ab, „was in dem Wachstumspakt drinstehen wird. Im günstigsten Falle nichts Neues, sondern nur die Maßnahmen, die es ohnehin schon gibt.“ Allerdings könne Hollande dies nicht als Erfolg verkaufen. Problematisch werde es, wenn Hollande von seiner Zusage der Haushaltskonsolidierung abweiche. „Dann würde der Fiskalpakt komplett infrage gestellt. Ob es soweit kommt, das wird sich zeigen.“