Experte: Täter wie Breivik wollen Helden sein
Berlin (dpa) - Fanatische Täter wie der Norweger Anders Behring Breivik wollen nach Ansicht des Psychoanalytikers Wolfgang Schmidbauer häufig als Held in die Geschichte eingehen. „Heldenmythen haben immer schon eine große Anziehungskraft auf junge Männer ausgeübt“, sagte Schmidbauer.
Er verwies darauf, dass Breivik seine Tat in einem ausführlichen ideologischen Pamphlet erklärte und sich nach den Attentaten nicht selbst erschoss.
Zur Frage, warum solche Täter offenkundig kein Mitleid kennen, sagte Schmidbauer: „Ich denke, sie schalten innerlich um.“ Die Täter befänden sich während der Tat allen Anzeichen nach in einem tranceähnlichen Zustand. „Darin spielen sie die Rolle des heroischen Killers“, sagte Schmidbauer, der unter anderem das Buch „Psychologie des Terrors: Warum junge Männer zu Attentätern werden“ verfasste.
Der Psychoanalytiker geht davon aus, dass Täter bei der Planung der Tat ihre Empathie - also die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen - verlieren. „Empathie entwickelt sich in der Kindheit. Diese Täter kommen fast immer aus zerbrochenen Familien und hatten oft Eltern, die mit ihrem Streit so beschäftigt waren, dass sie keine Möglichkeit hatten, sich in das Kind einzufühlen.“
Oft hätten diese Täter keinen empathischen Vater und kein positives Vorbild für Männlichkeit gehabt. Später hätten sie schließlich selbst Probleme mit ihrer Männlichkeit, die sie mit Größenfantasien aufzuwerten versuchten. „Sie sind unzufrieden und unglücklich. Sie schauen auf andere Menschen, denen das Leben Freude macht und entwickeln einen tief verwurzelten Hass und Neid auf diese Personen.“
Die Rolle des Helden nähmen die Täter lange Zeit nur in der Fantasie ein, wenn sie beispielsweise entsprechende Computerspiele spielten oder Actionfilme sähen. Griffen sie dann in der Realität zu Waffen, hielten sie sich in ihrem Selbstbild nicht für Kriminelle. „Sie wollen Helden und Retter sein. Das macht sie so gefährlich und gleichzeitig so unscheinbar“, sagte Schmidbauer.