EZB-Ratsmitglied bringt Brückenfinanzierung ins Spiel

Frankfurt/Wien/Athen (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte nach Einschätzung ihres Ratsmitglieds Ewald Nowotny den finanziellen Engpass Griechenlands bis zu einem neuen Hilfspaket überbrücken.

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„Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch die EZB Liquidität geben, wenn das entsprechend den Regeln möglich ist“, sagte der österreichische Notenbankchef am Montagabend in einer ORF-Sendung auf die Frage, ob die EZB nicht das Geld vorschießen müsse, bis ein neues Hilfspaket auf politischer Ebene geschnürt sei.

„Es ist ja das Bemühen Griechenlands über den ESM ein neues Programm zu machen. Hier ist die Diskussion, ob man nicht eine Art Vorgriff machen kann als Brückenprogramm, damit ich aus dieser würgenden Finanzierungsnot herauskomme. Ob das möglich ist, ist ein Punkt der zu diskutieren ist“, führte Nowotny aus. Aus dem Euro-Rettungsfonds ESM fließen auf Antrag Hilfen für klamme Staaten.

Ein Sprecher der Österreichischen Nationalbank erklärte am Dienstag auf Nachfrage: „Gemeint war nicht eine Brückenfinanzierung über die EZB, sondern ein eventueller Vorgriff auf eine ESM-Finanzierung.“

Am Dienstagabend wollen die Staats- und Regierungschef der Eurozone erneut über einen Ausweg aus der Griechenland-Krise beraten. Das letzte Hilfspaket der internationalen Geldgeber war am 30. Juni ausgelaufen, das hoch verschuldete Land braucht dringend frische Milliarden. Griechenlands Banken sind seit Montag vergangener Woche geschlossen und bleiben es bis mindestens diesen Mittwochabend.

Auf die Frage, wie lange die Institute noch Geld haben, antwortete Nowotny: „Ich würde sagen, dass wir wahrscheinlich diese Woche durchkommen, aber irgendwann einmal werden hier neue Maßnahmen notwendig sein.“ Die Schließung der Banken habe „verheerende Folgen für die Wirtschaft“.

In Athen wollte sich am Dienstag offiziell niemand festlegen, wie lange das Geld der Banken noch reicht, um zumindest die bislang versprochenen täglichen Abhebungen von 60 Euro pro Bürger am Geldautomaten zu ermöglichen. Schätzungen in Regierungskreisen gingen davon aus, dass es bis Freitag so weitergehen könnte. Möglicherweise muss aber auch der Höchstbetrag verringert werden, um noch etwas mehr Zeit zu gewinnen.

Der EZB-Rat hatte am Montagabend beschlossen, die Notkredite für die griechischen Banken auch nach dem Nein zu den Sparvorgaben bei der Volksabstimmung vom Sonntag auf dem aktuellen Stand von knapp 90 Milliarden Euro zu belassen. Allerdings verschärfte die EZB die Bedingungen, zu denen die Banken diese sogenannten Ela-Kredite von der griechischen Nationalbank erhalten. „Ela kann nur gegen ausreichende Sicherheiten gewährt werden“, erklärte die EZB.

Griechenlands Banken nutzen zum Großteil Wertpapiere des eigenen Staates als Sicherheiten für das Zentralbankgeld. Je wahrscheinlicher eine Staatspleite wird, umso weniger taugen diese Anleihen dafür. Daher werden sie nun nur mit größeren Abschlägen akzeptiert. Eine Bank muss also mehr Anleihen für eine bestimmte Kreditsumme bei der Bank of Greece hinterlegen. Wie hoch die Abschläge nun sind, dazu wollte sich die EZB nicht äußern.

Kritisch wird es bei Ela nach Nowotnys Einschätzung am 20. Juli: Sollte Athen an diesem Tag Staatsanleihen im Umfang von 3,5 Milliarden Euro nicht tilgen, die von der EZB gehalten werden, wäre dies „tatsächlich der Fall eines Staatsbankrotts“, erklärte Nowotny. „In dieser Situation würde es für die EZB nicht mehr möglich sein, weitere Liquidität bereitzustellen.“ Die EZB müsste dann aus seiner Sicht die knapp 90 Milliarden Ela-Kredite formal fällig stellen - wenn auch mit gewissen Zeiträumen für die Rückzahlung.