Feature: Gelassene Fluggäste und entschlossene Streikende
Frankfurt/Main (dpa) - „Wir wollen mehr Geld!“ Mit lauten Rufen ziehen die Frauen und Männer in gelben und pinken Westen am Donnerstagmorgen über das Gelände des Frankfurter Flughafens. Mit massiven Warnstreiks an sieben deutschen Flughäfen will Verdi einen Abschluss für den öffentlichen Dienst erzwingen.
Wut ist unter den Streikenden nicht zu spüren - und auch die Stimmung bei den wenigen Reisenden in den Terminals ist gut. Die Abflughallen mit den Check-in-Schaltern sind beinahe leer. Viele Fluggäste hätten die Informationen gelesen und seien gar nicht erst angereist, sagen die Sprecher von Flughafen und Lufthansa. Die Kranich-Airline hatte rund 600 Flüge gestrichen und über die Ausfälle informiert.
Ulrike Lindberg und Armin Höfer wirken erleichtert. Sie haben gerade ihr Gepäck abgegeben und wissen jetzt: Sie schaffen es von München nach Lissabon. „Jetzt entspannen wir erstmal“, sagt Lindberg lächelnd. „Unser Flug geht um 13.30“, also nach Streikende. Trotz des Warnstreiks von fünf Uhr morgens bis 13.00 stranden kaum Reisende am zweitgrößten deutschen Flughafen, der Arbeitskampf war rechtzeitig angekündigt. Per Mail und SMS informierte die Lufthansa 30 000 Passagiere.
Die wenigen Hinweise „gestrichen“ gehen in der Fülle der großen Anzeigetafel im Abflug-Terminal in Hannover beinahe unter. Nur fünf Verbindungen sind am Morgen auf dem Flughafen Hannover als Ausfall markiert, drei hätten nach Frankfurt gehen sollen und zwei nach München. Alles sind Lufthansa-Flüge. „Wir hatten keinerlei Nachfragen heute, aber warten Sie mal, bis unsere Herren Piloten streiken, dann geht es richtig rund“, sagt eine Mitarbeiterin an der Lufthansa-Gepäckermittlung. „Die Streikbereitschaft hier ist minimal“, sagen zwei Flughafenbeschäftigte, die namentlich nicht genannt werden wollen. Viele der Kollegen im Terminal und auf dem Rollfeld seien gar nicht Verdi-Mitglied. „Und bei anderen ist Verdi nicht zuständig“.
In Stuttgart bekommen die Passagiere zunächst nicht viel von den Ausständen mit. Hinweise auf den Anzeigentafeln warnen vor möglichen Verzögerungen durch den Arbeitskampf, doch am Check-in und bei den Gepäckkontrollen bilden sich keine längeren Schlangen als sonst. Viele Reisende sind vorsorglich auch schon früher zum Flughafen gekommen. „Ich hatte befürchtet, dass es viel mehr Chaos gibt“, sagte ein Geschäftsmann, der auf dem Weg nach Berlin war.
Mit Humor nimmt eine Reisende in Hamburg die Situation: Wenn es nach ihr ginge, könne häufiger gestreikt werden. Noch nie sei sie so schnell durch die Kontrollen gekommen und zuvorkommend behandelt worden. Weniger gelassen reagieren drei Reisende aus Asien. Sie seien „sehr betroffen und gestresst“, sagte einer der Männer. Schließlich müssten sie nun einen anderen Weg nehmen, um nach Italien zu kommen.
In Köln-Bonn können wegen der Beteiligung der Flughafen-Feuerwehr an den Warnstreiks 20 Minuten lang keine Flugzeuge landen oder starten. Trotzdem wirkt der Betrieb entspannt. Flugreisende hätten sich offenbar frühzeitig informiert und auf die Situation reagiert, sagt ein Flughafen-Sprecher. Die Airlines hatten vorsorglich 13 der insgesamt 80 bis zum frühen Nachmittag geplanten Starts und Landungen gestrichen.