Finanzmärkte trotzen Zypern-Schock
Frankfurt/Main (dpa) - Trotz der Ablehnung des Rettungspakets durch das Parlament in Zypern blieben die Finanzmärkte am Mittwoch überraschend gelassen.
Beruhigend wirkte nach Angaben von Händlern, dass die Europäische Zentralbank (EZB) umgehend Unterstützung für das pleitebedrohte Euro-Land zugesichert hatte. Zudem hoffen Anleger auf eine Last-Minute-Rettung durch Russland, wo Zypern über weitere Hilfen verhandelt. Der deutsche Aktienmarkt startete freundlich in den Handel. Der Euro konnte sich auf über 1,29 Euro erholen.
An den Märkten wird nun gerätselt, ob das Vertrauen in das Sicherheitsnetz der Notenbank und die Kooperationsbereitschaft des Kremls ausreicht, um die Märkte dauerhaft zu beruhigen oder ob es sich letztlich doch nur um die berühmte Ruhe vor dem Sturm handelt.
Am deutschen Aktienmarkt wirkten sich am Mittwoch die positiven Vorgaben der Übersee-Börsen stützend aus. Im frühen Handel gewann der Dax 0,68 Prozent auf 8002,01 Punkte. Damit konnte er sich etwas von den Verlusten der vergangenen beiden Tage erholen. Der MDax
rückte um 0,61 Prozent auf 13520,18 Punkte vor, der TecDax
stieg um 0,83 Prozent auf 924,89 Punkte.
Dabei wird die Lage in Nikosia immer kritischer: Das zyprische
Parlament stimmte am Dienstagabend gegen die mit den Europartnern
vereinbarte Zwangsabgabe auf Bankeinlagen und damit auch gegen das
Hilfspaket. Zypern muss eine Selbstbeteiligung von 5,8 Milliarden
Euro aufbringen, um die zugesagten Notkredite in Höhe von zehn
Milliarden Euro erhalten zu können. Derzeit ist keine Lösung in
Sicht, aus Angst vor einem Kundensturm auf die Bankschalter könnten
die zyprischen Geldhäuser noch bis Dienstag kommender Woche
geschlossen bleiben. Die Zeit läuft ab.
Die neue Zuspitzung der Situation in Zypern ließ aber auch den
Devisenmarkt am Mittwoch kalt. Der Euro konnte sich am Morgen sogar
leicht von seinen Verlusten der Vortage erholen. Zuletzt wurde die
Gemeinschaftswährung leicht im Plus bei 1,2895 US-Dollar gehandelt.
Nach der Ablehnung des mit den Europartnern vereinbarten
Rettungspakets im zyprischen Parlament war der Kurs am Dienstagabend
zwischenzeitlich bis auf 1,2844 Dollar gefallen.
Die Entwicklung an den Staatsanleihemärkten des Euroraums lässt
darauf schließen, dass Investoren Zypern als abgeschirmten
Problemfall einschätzen. Am Mittwoch zeigten Staatspapiere aus
den großen Krisenländern Italien und Spanien im frühen Handel trotz
der zugespitzten Lage in Nikosia Kursgewinne. Auch Portugals Anleihen
notierten etwas fester. Unter Druck blieben griechische Titel. Dort
hatten die Risikoaufschläge schon in den Vortagen massiv angezogen,
Griechenland und Zypern sind wirtschaftlich eng miteinander
verflochten. Bundesanleihen, die im Euroraum als Maß aller Dinge in Sachen Ausfallsicherheit gelten, eröffneten zur Wochenmitte mit moderaten Kursverlusten.
Der Goldpreis konnte sich zwar deutlich über der Marke von 1600 US-Dollar halten, notierte aber zuletzt mit 1610 Dollar ebenfalls etwas tiefer als am Vortag.
Als einen Grund für die entspannte Marktreaktion auf die drohende
Zypern-Pleite nennen Analysten das Vertrauen in die EZB. Die
Notenbank hatte unmittelbar nach der gescheiterten
Parlamentszustimmung mitgeteilt, dass die zyprischen Banken vorerst
weiter über die Notfallkreditlinie ELA mit frischen Mitteln versorgt
werden könnten. Laut Zyperns Präsident Nikos Anastasiades hatte die
EZB vor Vereinbarung des Hilfspakets gedroht, diese Kreditlinie
sofort zu kappen. Außerdem setzen Investoren auf mögliche Hilfe aus Russland.
Analysten zweifeln jedoch, wie lange die Entspannung an den
Märkten anhält, wenn sich nicht rasch eine Lösung abzeichnet. „Die
Zeit für weitere Rettungsversuche läuft langsam aus“, kommentierte
Expertin Peggy Jäger von der Commerzbank. „Die zyprischen Banken
können nicht auf unbestimmte Zeit geschlossen bleiben, ohne einen
größeren negativen Einfluss auf die Wirtschaft zu haben.“