Fragen & Antworten: Wie lange geht die Rally weiter?
Frankfurt/Main (dpa) - Beflügelt von der Geldflut der Notenbanken ist der Dax auf ein Allzeithoch geklettert. Der deutsche Leitindex übersprang am Dienstag sein bisheriges Rekordhoch vom Juli 2007. Wie geht es nun weiter am Aktienmarkt?
Wichtige Fragen im Überblick:
Was treibt den Dax an?
Die Privatbank Metzler bringt es auf einen einfachen Nenner: „Das von der EZB verabreichte Doping hat die Stimmung an den Finanzmärkten nach oben getrieben.“ Im Sommer 2012 versprach Europas oberster Währungshüter Mario Draghi, alles zur Rettung der Gemeinschaftswährung zu tun - und beflügelte damit die Märkte. Dass die EZB am vergangenen Donnerstag das Geld im Euroraum noch billiger machte und den Leitzins von 0,75 auf 0,5 Prozent senkte, bestärkte die Optimisten. Niedrige Zinsen sollen Unternehmen motivieren, mit günstigen neuen Krediten zu investieren. Das wird als positiv für die Gewinnerwartungen gesehen. Robert Halver von der Baader Bank findet: „Die Europäische Zentralbank hat die Macht an den Aktienmärkten spätestens seit ihrer Zinssenkung am Donnerstag übernommen.“
Wie lange hält der Aufwärtstrend noch an?
Das kann seriös niemand vorhersagen. Einiges deutet darauf hin, dass die Leitzinsen noch lange extrem niedrig und die Märkte mit Zentralbankgeld geflutet bleiben, so dass die Aktien-Rally anhalten dürfte. „9000 Punkte sind keine Utopie“, glaubt etwa Daniel Saurenz von Feingold Research. Der aktuelle Rekord sei eine logische Folge der Entschlossenheit der Notenbanken, die sich mit aller Macht und viel Geld gegen die aktuelle Krise der Weltwirtschaft stellen. Oliver Roth von Close Brothers Seydler sieht die Märkte für weitere Rekorde gerüstet: „Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken liefert den Stoff, aus dem Träume gemacht werden.“ Der Traum sei noch nicht zu Ende: „Umso schlimmer wird dann aber eines Tages das Erwachen.“
Ist der Aktienmarkt überbewertet und drohen jetzt Blasen?
Der große Einfluss der Notenbanken auf die Aktienmärkte birgt auch Gefahren. Vor allem das viele billige Geld treibt derzeit Kurse - weniger Fundamentaldaten wie starke Unternehmensgewinne und eine positive konjunkturelle Entwicklung. „Die Kurse laufen weiter vor und die Fundamentals kommen nicht hinterher. Nach der Dividendensaison könnten die europäischen Aktienmärkte in ein großes Loch fallen“, warnen die Experten des Bankhauses Metzler. Auch Händler Andreas Lipkow von Kliegel & Hafner erklärt, es bleibe abzuwarten, ob das hohe Kursniveau gehalten werden könne, da es mit Blick auf die Konjunktur und die Gewinnentwicklung der Unternehmen noch keine überzeugenden Argumente gebe.
Spielt die Euro-Schuldenkrise an der Börse gar keine Rolle?
Doch - allerdings nicht als Bremse, sondern als Beschleuniger: Denn die Schuldenkrise ist der Grund für die niedrigen Zinsen, die alternative Anlageformen aktuell extrem unattraktiv machen - das treibt Anleger an die Börse. Nach dem Index der FMH-Finanzberatung wirft Tagesgeld derzeit 0,87 Prozent Zinsen ab, Festgeld bei einem Jahr Laufzeit 0,82 Prozent. Das ist so mager, dass die Inflation das Ersparte auffrisst. Selbst Sparbriefe mit fünf Jahren Laufzeit bringen demnach aktuell nur jährlich 1,47 Prozent. Und auch Staatsanleihen von Ländern mit guter Bonität wie Deutschland versprechen nur mickrige Erträge.
Sollte man jetzt Gewinne einstreichen und Aktien verkaufen?
Eine Börsenweisheit besagt: „Sell in May and go away“ - sollten sich Anleger also nach den jüngsten Rekorden von Aktien verabschieden und Gewinne einstreichen? Als Antwort darauf bemüht die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) die Historie: Rückrechnungen bis zum Jahr 1970 zeigten „bei einer Reihe von Aktienmärkten für den Zeitraum von Mai bis Oktober eine signifikant niedrigere Performance als für die Phase von November bis April“. Das spräche dafür, jetzt den Börsen den Rücken zu kehren und Aktien zu Geld zu machen. Allerdings, so schränken die Helaba-Experten ein, sei „saisonales Timing ... kein Allheilmittel“: Zu Zeiten des Börsenaufschwungs 2003 bis 2007 habe das Ausharren sowohl beim Dax als auch beim US-Index Dow Jones Industrials einen rund doppelt so hohen Ertrag gebracht wie das zwischenzeitliche Umschichten.