Friedrich fordert „neue Entschlossenheit“ im Kampf gegen Rechts
Berlin (dpa) - Ein Jahr nach dem Auffliegen der Neonazi-Terrorzelle NSU hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich im Bundestag zu einer „neuen Entschlossenheit“ im Kampf gegen den Rechtsextremismus aufgerufen.
„Der Schock sitzt tief - nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch bei den politisch Handelnden, aber auch bei den Sicherheitsbehörden“, sagte er am Donnerstag im Bundestag. Die Aufklärung der Neonazi-Morde sieht der CSU-Politiker nach der Anklage gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe aber auf gutem Weg. „Die Anklage ist erhoben, und ich glaube, man kann daran sehen, die Aufklärung geht voran.“
Die 37-jährige Zschäpe war kurz vor der Bundestagsdebatte angeklagt worden. Sie ist die einzige Überlebende der Terrorzelle NSU. Ihre mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt töteten sich selbst. Die rechtsradikale Gruppe werden insgesamt neun Morde an türkischen und griechischen Kleinunternehmern in den Jahren 2000 bis 2006 zugerechnet sowie ein Mord an einer Polizistin 2007. Hinzu kommen zwei Bombenanschläge in Köln, bei denen 2001 und 2004 insgesamt mehr als 20 Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden.
Die Sicherheitsbehörden waren der Terrorzelle jahrelang nicht auf die Spur gekommen. Friedrich sprach im Bundestag von einer Niederlage der Behörden, verwies aber auf die Konsequenzen, die bereits gezogen worden seien. Dazu zählte er die Einrichtung des gemeinsamen Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus in Köln, die Schaffung einer Rechtsextremismus-Datei und die Einsetzung eines Koordinierungskreise zur Bekämpfung des Rechtsextremismus.
Politiker von Koalition und Opposition forderten weitere Konsequenzen. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland sprach von einem Totalversagen aller Sicherheitsbehörden. „Hier hat der deutsche Staat eine schwere Schuld auf sich geladen“, sagte er. Die Linken-Politikerin Petra Pau sprach von einem „der größten politischen und Sicherheitsversagen“.
Die SPD-Politikerin Eva Högl warnte vor halbherzigen Reformen: „Wenn wir nur ein klein bisschen schrauben hier und da an der Zusammenarbeit, dann haben wir die Lehren aus dieser rechtsextremen Mordserie nicht verstanden.“ Der FDP-Politiker Hartfrid Wolff forderte, die Sicherheitsbehörden strenger an die Leine zu nehmen. „Ich habe den Eindruck, manche Behörden haben den Schuss immer noch nicht gehört“, sagte er.