Europäer reden mit Obama Fünf Freunde und die „lahme Ente“
Berlin (dpa) - US-Präsident Barack Obama hat seine Gastgeberin Angela Merkel mit Lob überschüttet. Danach rief wieder die Arbeit. Mit den wichtigsten politischen Führern Europas ging es im Berliner Kanzleramt ans Eingemachte: Russland, Syrien, Terror, Klima, Iran.
Die Themen, mit denen Obama die Europäer künftig alleine lassen wird, könnten komplizierter kaum sein. Die wichtigsten Fragen zu dem Treffen Merkels mit Obama, Großbritanniens Premierministerin Theresa May, Frankreichs Präsidenten François Hollande sowie den Ministerpräsidenten Italiens und Spaniens, Matteo Renzi und Mariano Rajoy:
Kann Obama seinen Partnern überhaupt noch verbindlich Zusagen machen?
Obama ist zwar eine „lahme Ente“, wie die Amerikaner scheidende Amtsträger nennen. Er darf aber durchaus noch Entscheidungen treffen. Allerdings: Für weitreichende Schritte braucht er die Zustimmung von Senat und Repräsentantenhaus - und die wird er nicht bekommen. Zudem gebietet es der Anstand gegenüber dem Nachfolger, diesem keine Stöcke zwischen die Beine zu werfen. Obama kann aber seine Erfahrung und die Autorität seines Landes in die Waagschale werfen, um auch in seinen letzten zehn Wochen noch bei der Krisenbewältigung mitzuhelfen. Die Europäer wollen dies auch nutzen. Alle sind sich einig: Mit Trump wird es schwieriger. Zumal zumindest Hollande und Merkel bereits deutliche Worte zum neuen Chef im Weißen Haus geäußert haben.
Hat das Treffen zählbare Ergebnisse gebracht?
Die sechs Nationen sind kein Entscheidungsgremium. Wichtigste Errungenschaft: Man hat sich verständigt, dass die Sanktionen gegen Russland solange aufrechterhalten werden müssen, bis das Minsker Abkommen vollständig umgesetzt ist. „Bis jetzt sind die Fortschritte sehr unsichtbar“, sagte Kanzlerin Merkel. Eine klare Haltung gegenüber dem Kreml erscheint auch vor dem Hintergrund des Machtwechsels in Washington sinnvoll. Obama hatte seinen designierten Nachfolger und angeblichen Putin-Freund Donald Trump bereits am Vortag davor gewarnt, Deals mit Russland einzugehen, die möglicherweise dann kleineren Ländern in der Nachbarschaft schaden könnten.
Wie geht es im Bürgerkriegsland Syrien weiter?
Auch hier ist Russland der Schlüsselfaktor. Die sechs Staaten forderten das Regime von Baschar al-Assad und dessen Unterstützer - vor allem Russland und den Iran - auf, den Beschuss der Stadt Aleppo sofort zu unterlassen. Humanitäre Hilfe müsse zugelassen werden. Das sind keine neuen Forderungen. Völlig unklar ist jedoch, wer nun die Führung der westlichen Interessen in dem Bürgerkriegsland übernimmt. Unter einer US-Präsidentin Hillary Clinton wären Flugverbotszonen zumindest in die Diskussion gekommen. Trump hatte sich bisher nicht eindeutig zur Lage geäußert, grundsätzlich hat er aber Zurückhaltung bei der Einmischung seines Landes in internationale Konflikte signalisiert. Die Angst ist, dass sich der neue Präsident von Kremlchef Wladimir Putin über den Tisch ziehen lassen könnte und Russland die alleinige Hoheit über die Lösung der Syrien-Frage gewinnt.
Bleiben internationale Vereinbarungen nach Obama bestehen?
Die Europäer haben Angst, dass Trump vor allem das Pariser Klimaschutzabkommen torpedieren und aus dem Atomdeal mit dem Iran aussteigen könnte. Beides kann er vergleichsweise leicht, müsste aber gegebenenfalls Nachteile für die USA in Kauf nehmen. Die Verpflichtungen in Sachen Klima sind vielfach freiwillig - wenn die USA sie als größte Volkswirtschaft der Welt nicht erfüllen, könnte das die Moral anderer Länder schwächen. Der Iran-Deal ist juristisch ein vergleichsweise schwaches Abkommen zwischen sieben Partnern, das die USA verlassen könnten. Die Europäer haben daran aber keinerlei Interesse. Zumal sie dann US-Sanktionen ausgesetzt sein könnten, sollten sie weiter Geschäfte mit dem Iran machen.
Theresa May und Angela Merkel treffen sich zu zweit. Warum?
Der britische Brexit bleibt eines der drängendsten Probleme für Europa. Deutschland, Frankreich und die EU-Institutionen lehnen Verhandlungen ab, bevor Großbritannien offiziell den Austrittsantrag gestellt hat. May versicherte am Freitag noch einmal, dies werde bis Ende März 2017 geschehen. Der Rückzug werde geordnet und reibungslos verlaufen. Daran waren zuletzt Zweifel aufgekommen. Großbritannien war auf den für viele überraschenden Ausgang des Referendums nicht ausreichend vorbereitet.
Die Briten wollen außerdem Brüsseler Vorschriften loswerden, noch bevor ihr Ausstieg abgeschlossen ist - etwa um Investoren aus Nicht-EU-Ländern mit in der Union verbotenen Steueranreizen locken zu können. Deutschland will London das aber keinesfalls durchgehen lassen. „Wir können nicht großzügige Rabatte gewähren“, sagte Schäuble in der „Financial Times“. Großbritannien müsse seinen Verpflichtungen nachkommen, möglicherweise bis 2030. Und: „Es gibt kein Menü à la carte.“