Gaskonflikt: EU bereitet sich auf Lieferstörungen vor
Brüssel (dpa) - Die EU bereitet sich wegen des Gaskonflikts mit Russland auf Lieferstörungen im nächsten Winter vor. So sollen die EU-Staaten ihre Speicher aufstocken, nationale Notfallpläne erstellen und Gaslieferungen Richtung Osten nach dem Vorbild der Slowakei ermöglichen.
Sie sollten auch heimische Energiequellen besser nutzen. Das steht in einem Entwurf für eine Mitteilung der EU-Kommission zur Versorgungssicherheit der EU, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt.
Das besondere Augenmerk liegt demnach auf osteuropäischen Staaten, die in ihrer Gasversorgung teilweise zu hundert Prozent von Russland abhängig sind. Dazu zählen etwa Estland oder Bulgarien; in Polen sind es etwa 60 Prozent. Das Kapitel heißt: „Sofortmaßnahmen, um die Fähigkeit der EU zu steigern, eine größere Störung im Winter 2014/2015 zu überwinden.“
Das Papier werde „in ein oder zwei Wochen“ vorgestellt, kündigte EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Mittwoch bei einer Energiekonferenz in Brüssel an. Mit dem Thema werde sich auch der EU-Gipfel Ende Juni (26./27. Juni) befassen. Oettinger sagte: „Es geht um Diversifikation, von Quellen, von Routen, von Anbietern.“ Zu wenig Pipelines und Stromnetze in Europa könnten „zu Abhängigkeit und Erpressbarkeit führen“. Energie dürfe kein Instrument der Politik sein, sondern müsse „eine Ware, ein Produkt, eine Dienstleistung in offenen Märkten“ sein.
Bereits 2009 hatte Russland wegen unbezahlter Rechnungen der Ukraine das Gas zeitweilig abgedreht, was zu Engpässen auch in der EU führte. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erinnerte daran auf dem Kongress als „Weckruf“ für Europa. Barroso sagte: „Die Ukraine-Krise zeigt, dass für Europa die Energieunabhängigkeit entscheidend ist.“ Ende April hatten die Ukraine und die Slowakei ein Memorandum unterzeichnet, wonach die Ukraine künftig Gas aus der Slowakei beziehen kann, um weniger abhängig von Russland zu sein.
Polens Ministerpräsident Donald Tusk forderte auf der Konferenz, die EU müsse im Kampf gegen die „Gassklaverei“ an einem Strang ziehen und grenzüberschreitende Netze massiv ausbauen. Tusk präsentierte seinen Plan einer „Energieunion“, womit der Netz- und Speicherbau in Europa angekurbelt werden müsse. Ein anderes Kernelement des Konzepts ist eine zentrale EU-Einkaufsstelle für Gas.
In der Mitteilung geht es auch um die Frage, wie die EU Energie sparen und heimische Energiequellen besser nutzen kann.
Kritik kam von der Umweltorganisation Greenpeace. Ihrer Ansicht nach bleibt die EU-Kommission eine Antwort auf die drängenden Probleme schuldig. „Wenn Europa seine Abhängigkeit von Energieimporten wirklich anpacken will, gibt es nur einen Weg. Es muss seinen Energieverbrauch massiv senken und auf Erneuerbare umstellen“, sagte Franziska Achterberg von Greenpeace in Brüssel. Die Kommission spreche „aber lieber über neue Gasleitungen und Lieferanten.“