Geschafft? Zumindest rechnerisch gibt es genügend Kita-Plätze

Berlin (dpa) - Kristina Schröder kam extra aus dem Urlaub nach Berlin, um die frohe Botschaft selbst zu verkünden: Der umstrittene und in den vergangenen Jahren schleppende Kita-Ausbau für Kinder unter drei Jahren scheint zum Stichtag 1. August zumindest zahlenmäßig hinzuhauen.

Die CDU-Bundesfamilienministerin präsentierte Zahlen, die überraschen und - zumindest auf dem Papier - gut aussehen. Danach werden im Laufe des kommenden Kita-Jahres 2013/14 mehr als 813 000 Betreuungsplätze für ein- und zweijährige Kinder geschaffen sein, gut 30 000 mehr als veranschlagt.

Eine Klagewelle von wütenden Eltern schließt Schröder nun ebenso aus wie Länder und Kommunen. Doch: Die Bedarfsquote von 39 Prozent, die in Elternbefragungen ermittelt wurde und mit der man auf die deutschlandweit benötigten 780 000 Plätze kam, sagt noch nichts über den tatsächlichen Bedarf und die Qualität aus. In Großstädten ist die Nachfrage deutlich höher als in der Fläche. Eltern suchen zum Teil nach wie vor händeringend einen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind.

Schröder, die sich in den vergangenen Jahren stets im Clinch mit Ländern und Kommunen bei dem Thema befunden hatte, dankte nun den Verantwortlichen vor Ort. „Ich weiß, dass diese Kraftanstrengung nicht leicht war.“ Sie machte deutlich, dass im Gesetzestext von einem „bedarfsgerechten Kitaplatz“ gesprochen wird. Das heiße, in zumutbarer Entfernung, zu normalen Arbeitszeiten. „Das heißt nicht, dass damit jede Nachtarbeitszeit abgedeckt ist.“ Über die zumutbare Entfernung dürfte in den nächsten Monaten noch reichlich gestritten werden.

Die SPD warf Schröder Trickserei vor. „Familienministerin Schröder hat uns heute eine geschönte Bilanz präsentiert“, sagte ihre Generalsekretärin Andrea Nahles der „Welt“ (Freitag). Sie verwies auf die Zahlen des Statistischen Bundesamts. Dieses meldete am Donnerstag, dass die Zahl der Kita-Plätze in Deutschland zwar steigt, aber im Frühjahr noch eine Lücke im Angebot von 183 000 klaffte. Zum Stichtag 1. März wurden demnach rund 597 000 Kinder unter drei Jahren in einer Kita oder von Tageseltern betreut.

Doch die Ministerin hob lächelnd darauf ab, dass diese Zahlen nicht den aktuellen Ausbaustand wiedergäben. Die Statistiker zählten nicht die real vorhandenen Plätze, sondern die Kinder, die zum Zeitpunkt 1. März in einer öffentlich geförderten Kinderbetreuung waren. Zudem zeigten die Daten, dass die Länder „einen beachtlichen Endspurt mit massiven Anstrengungen“ in den letzten vier Monaten hingelegt hätten.

Nahles kritisierte auch, dass insbesondere im Westen der Republik die Öffnungszeiten von Krippen und Kitas „keineswegs bedarfsgerecht“ seien. 50 Prozent der Einrichtungen würden vor 16.30 Uhr schließen; auch fehlten Fachkräfte. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte der dpa, von Hauruck-Lösungen hätten Eltern gar nichts. „Sie wollen ihre Kinder bestmöglich betreut wissen und nicht nur abgeben und unterbringen. Für die Qualitätsentwicklung brauchen wir mehr als Schröders warme Worte.“

Wohlfahrtsverbände pflichteten den Kritikern bei. So warnte der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wolfgang Stadler: „Ein schlechter Kita-Platz ist keinesfalls besser als gar keiner.“ Schröder musste vor der Presse dann auch einräumen, dass sie zwar die reinen Platzzahlen benennen könne, über Qualität und Träger aber nicht im Einzelnen im Bilde sei. Da möge man sich bitte bei den Ländern erkundigen.