Glücklich vereint im Berliner Silvesterrausch
Berlin (dpa) - Mit dem Bus aus Heidelberg, per Zug aus Warschau oder mit dem Flugzeug aus Bremen: Auf der größten Silvesterparty Deutschlands in Berlin lagen sich feiernde Menschen aus allen Ecken der Republik und der ganzen Welt in den Armen.
Viele waren gerührt, als der Tenor Paul Potts sang. Bei David Hasselhoffs „Looking for Freedom“ fühlten sich viele so vereint wie vor 21 Jahren, als Hasselhoff nach dem Mauerfall dieses Lied schon einmal vor dem Brandenburger Tor gesungen hatte. Selbst als schon fast eine Million Besucher auf die Partymeile geströmt waren und es an den Eingängen richtig dicht wurde, blieben die Menschen friedlich.
„Wir mögen es so sehr, wir kommen jedes Jahr wieder hierher“, sagte ein Mann aus Polen und blickte freudestrahlend zum Brandenburger Tor hinauf. Andere wie eine Gruppe Eishockeyspielerinnen aus Kanada kamen eher zufällig auf die riesige Party - und tanzten sofort ausgelassen im Schneematsch los.
„Hier in Berlin darf man verrückt sein“, ruft Martin Dubiel im Schwanenkostüm. Über seinem Gesicht mit roten Wimpern ragt ein halber Meter hoher Schwanenhals empor, gekrönt von einer Sonnenbrille auf dem gelben Schnabel. So ist der 36-Jährige für seinen Mann, der in einem quietschgrünen Froschkostüm steckt, leicht in der Menge zu finden.
Auch dem Matsch und der Kälte begegneten die Feiernden gut vorbereitet. Einer brachte Ersatz-Socken mit, andere trugen Leggings und Strumpfhose unter der Jeans. „Die Pfützen sind echt nervig, die Leute springen zur Musik und dann: patsch, patsch“, beschwerte sich Maria Schurig aus der Nähe von Dresden. Nur wenige Meter weiter versuchte einer zu helfen: Er grub kleine Kanäle in den Matsch, damit das Wasser abfließen konnte.
„Wir haben gestern schon ein Kälte-Trainingslager hier auf der Partymeile gemacht“, erklärte Dirk Seidscheck aus Rheinland-Pfalz seine gute Stimmung. Außerdem halfen ihm Glühwein und Sekt beim Warmhalten. Der Schnee weckte auch den Einfallsreichtum. Einige Menschen bauten sich aus Schneeklumpen kleine Podeste im Trockenen. Andere nutzen die großen Häufen am Rand als Bar, um ihre Getränke abzustellen.
Das Deutsche Rote Kreuz behandelte die Feiernden vor allem wegen Alkoholproblemen und leichten Erfrierungen. Bis zum frühen Morgen wurden 234 Hilfeleistungen rund um die Festmeile gezählt und damit ungefähr so viele wie zum vorigen Jahreswechsel. „Es war relativ ruhig“, meinte ein Sprecher.
Unmut herrschte kurzzeitig am Eingang Richtung Potsdamer Platz. „Holt Euch mal mehr Leute, damit wir hier rauskommen“, rief ein aufgebrachter Mann den Sicherheitskräften zu, als er in der Menge feststeckte. Die Polizei, die mit 850 Mann vor Ort war, reagierte schnell und riegelte die Zugänge ab. Nach 22.30 Uhr kam niemand mehr auf das Gelände. Die Polizei zog ein positives Fazit: „Das war ein ganz entspannter Einsatz, wir sind sehr zufrieden“, sagte eine Sprecherin. „Die Leute sind überall gut drauf.“
Kurz vor Mitternacht zählten Hunderttausende rückwärts, bis Punkt Mitternacht das große Feuerwerk und die Lichtinstallationen von Gert Hof starteten. Überall hielten lange Arme Kameras in die Höhe, um das Spektakel festzuhalten: Oben knallte es gold und rot, Laserstrahlen färbten die Bäume des Tiergartens grellgrün und riesige Scheinwerfer malten die Wolken bunt an. „Wir wussten gar nicht, ob wir zum Feuerwerk oder auf die Bühne schauen sollten“, sagte Sven Wilkens.
Rebecca Kollhoff hatte sich einen Platz direkt vor der großen Bühne am Brandenburger Tor gesichert. „Wir standen ganz vorne - sechs Stunden lang“, erzählte die Nürnbergerin beim Hinausgehen und jubelte trotz kalter Füße. Stolz zeigte sie die Bilder von David Hasselhoff auf ihrer Kamera. „So was erlebt man im Leben nicht mehr!“