2011 wird Schicksalsjahr für Union und FDP
Berlin (dpa) - Es geht ums Ganze: Das Superwahljahr 2011 wird wohl ein Schicksalsjahr für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und FDP-Chef Guido Westerwelle.
Die FDP stürzte in der jüngsten Forsa-Umfrage auf drei Prozent - und die Rücktrittsforderungen gegen Westerwelle verstummen nicht, während der Außenminister seinen Weihnachtsurlaub in Ägypten verbringt. Westerwelle will kämpfen, lässt jedoch offen, ob er zur Wahl der FDP-Spitze im Mai noch einmal antritt. Die FDP ist nervös. Das wird bei der Union mit Besorgnis gesehen, denn die Führungskrise der Liberalen könnte die ganze Koalition in Mitleidenschaft ziehen.
Von den sieben Landtagswahlen ist für Merkel die in Baden- Württemberg am 27. März besonders wichtig. Die CDU-Vorsitzende hofft, dass sich ihre Partei unter Ministerpräsident Stefan Mappus behaupten kann. Nach einer Emnid-Umfrage liegt die CDU dort derzeit bei 41 Prozent und die FDP nur bei 4 Prozent. Das hieße, die Liberalen scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde und kämen nicht in den Landtag.
In der Unionsführung geht derzeit niemand davon aus, dass Merkels Position wackelt, falls die Regierungsmacht für die CDU im Ländle verloren ginge. „Ich glaube, dass Angela Merkel sehr gefestigt ist“, sagt einer. Ein weiterer langgedienter Unions-Ministerpräsident wird 2011 wohl den Hut nehmen: Saar-Regierungschef Peter Müller soll Verfassungsrichter werden. Merkels Stellung dürfte mit den diversen Rückzügen schon in diesem Jahr wie dem von Roland Koch in Hessen nur stärker geworden sein.
Die Kanzlerin schöpft trotz vieler Probleme in der Innen- und Außenpolitik Hoffnung. „Wenn wir an Weihnachten dennoch zu Recht Freude und Zuversicht spüren, dann aufgrund der ermutigenden Tatsache, dass der Mensch in der Lage ist, Dinge zum Besseren zu wenden“, schreibt sie in der „Zeit“. Nach dem holprigen ersten Jahr für Schwarz-Gelb hofft nicht nur Merkel, dass die Koalition Tritt fasst und ohne gegenseitige Beschimpfungen auskommt. Als erfreulichsten Moment 2010 nannte sie in ihrer Videobotschaft vor Weihnachten nichts Politisches, sondern das Abschneiden der Fußball- Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika.
Der „Herbst der Entscheidungen“, wie die Kanzlerin ihn nannte, ist vorbei. Die Koalition musste einiges verschieben. Ein Kompromiss zur Hartz-IV-Reform mit 5 Euro mehr Regelsatz und einem Bildungspaket für Kinder scheiterte vorerst an der Opposition. Das könnte ein Vorgeschmack auf 2011 sein: Sollten SPD und Grüne im Februar bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg Erfolg haben, könnte es für Union und FDP im Bundesrat noch schwerer werden.
Auch Schwarz-Gelb ist sich aber nicht immer grün: Die Union, vor allem die CSU, will die Einkommensgrenze zur Arbeitserlaubnis für Fachkräfte aus dem Ausland anders als die FDP nicht senken. Bei der Vorratsdatenspeicherung will Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gern eine rasche Regelung, während Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) keine Eile sieht. Die Terrorgefahr wird Schwarz-Gelb im kommenden Jahr weiter beschäftigen. Unabhängig davon steht eine Entscheidung über den Umbau von Bundeskriminalamt (BKA) und Bundespolizei an.
An der „Steuerfront“ ist es ruhig, aber spätestens wenn die nächste Steuerschätzung neue Spielräume offenlegt, könnten die Forderungen aus der FDP nach Steuererleichterungen wieder aufleben. Die bisherige Linie von Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist, erstmal zu sparen. Etwas anderes wäre angesichts der Auflagen für schwer verschuldete Euro-Länder vermutlich auch schwer nachvollziehbar.
Eine der größten Reformen 2011 wird die der Bundeswehr sein. Die Truppe soll nach dem Willen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) drastisch verkleinert werden, die Wehrpflicht wird ausgesetzt. Mit Protesten muss der beliebte Baron aus den Ländern rechnen, wenn es um die Zukunft der Bundeswehr-Standorte geht.