Gegenwind für Merkel CDU-Konservative machen mit Manifest Druck auf Merkel
Schwetzingen/Berlin (dpa) - Unions-interne Kritiker von Kanzlerin Angela Merkel dringen auf ein konservativeres Profil von CDU und CSU. Auf einem Treffen im nordbadischen Schwetzingen beschlossen sie ein „konservatives Manifest“, das im Kern eine Abkehr des Kurses der Union Richtung Mitte verlangt.
Das Manifest richtet sich auch scharf gegen Merkels Flüchtlingspolitik von 2015. Aus der SPD bekommt die Kanzlerin Kritik für den Start der neuen großen Koalition.
In dem Papier forderten die rund 100 Teilnehmer des Treffens unter anderem ein schnelles und konsequentes Abschieben illegaler Einwanderer und ein Ende der doppelten Staatsbürgerschaft. „Ehe und Familie sind für uns die wichtigsten Grundlagen unserer Gesellschaft. Dabei sehen wir das Leitbild „Vater, Mutter, Kinder“ als elementaren Grundpfeiler an“, heißt es weiter in dem Manifest. Umstritten war die Forderung nach Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht. Am Ende einigten sich die Teilnehmer auf eine Prüfung.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der als Konservativer in der CDU gilt, schickte ein Grußwort an das Treffen in Nordbaden. Die Union brauche Kreise wie die Werte-Union und die Besinnung auf einen klugen liberalen Konservatismus, betont Spahn in dem Schreiben, das mit Beifall aufgenommen wurde. „Wenn wir reden und handeln in einer Haltung, die breite, sich bürgerlich fühlende Schichten zuletzt oft schmerzlich vermisst haben, dann können wir die AfD überflüssig machen.“
Dagegen äußerte sich der Thüringer CDU-Chef Mike Mohring distanziert zu dem Papier. Viele der Positionen der Werte-Union gehörten zum Wertegerüst der CDU, sagte Mohring der „Thüringer Allgemeinen“. „Unsere Gegner sitzen aber nicht im Kanzleramt, sondern in zahlreichen linken Landesregierungen“, betonte Mohring.
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer versuchte, der Kritik der Konservativen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der CDU seien alle drei Wurzeln - die christlich-soziale, die liberale und die konservative - gleichermaßen wichtig, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). „Bei unserem beginnenden Grundsatzprogramm-Prozess wird es viele Möglichkeiten für unsere Mitglieder geben, sich in die Debatten einzubringen“, betonte Kramp-Karrenbauer. Der Vorsitzende der vor einem Jahr gegründeten Gruppierung, der Diplom-Kaufmann Alexander Mitsch aus Heidelberg, sagte, die Werte-Union freue sich auf den Dialog.
Konservative in der Union versuchen immer wieder, ihren Positionen Nachdruck zu verleihen. Im Jahr 2007 machten die damals jungen Unions-Politiker Markus Söder, Philipp Mißfelder, Stefan Mappus und Hendrik Wüst mit einem Konzeptpapier von sich reden. Seit 2012 gibt es den konservativen Berliner Kreis um den hessischen CDU-Politiker Christean Wagner. Der ehemalige hessische Justizminister wollte auch in Schwetzingen reden.
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) deutete die Kritik der Werte-Union als Hinweis, dass sich die innerparteiliche Opposition gegen Merkel inzwischen „überall formiert“. „Die CDU hat Konservativen zu lange keine Heimat mehr geboten, das wollen viele nicht mehr hinnehmen und drängen die Partei nach rechts. Das Regieren wird dadurch nicht einfacher“, sagte der frühere SPD-Fraktionschef der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) auch mit Blick auf umstrittene Äußerungen von Spahn und Innenminister Horst Seehofer (CSU).
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles warf Seehofer und Spahn vor, es gehe ihnen „viel zu sehr um Eigenprofilierung“. „So kann es nicht weitergehen“, sagte sie dem RND. Mit Blick auf die Kabinettsklausur am Dienstag und Mittwoch nahm Nahles auch Merkel in die Pflicht: „Vornehmste Aufgabe der Kanzlerin ist es nun, das Regierungsgeschäft ans Laufen zu bekommen.“
FDP-Chef Christian Lindner warf der großen Koalition vor, sich zu sehr mit ihren eigenen Problemen und zu wenig mit konkreter Regierungsarbeit zu befassen. Sie müssten sich aber mit den Fragen des Landes beschäftigen und mit dem, was den Alltag der breiten Mitte in Deutschland besser mache, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur.