Milliardär vs. Papst der Armen „Good luck!“ - Tauwetter zwischen Trump und dem Papst?

Rom (dpa) - In 30 Minuten wurde wohl selten so viel hineininterpretiert. So lange - oder so kurz - sprachen Papst Franziskus und US-Präsident Donald Trump bei ihrem ersten Treffen. Der genaue Wortlaut: geheim.

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Die Wirkung: bildstark.

Mit der Privataudienz im Vatikan sollte Tauwetter signalisiert werden zwischen zwei der mächtigsten Männer der Welt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und die politisch komplett gegensätzliche Einstellungen haben.

Da wurde natürlich jeder Gesichtsausdruck und jedes Wort gedeutet. In der Tat blickte der 80 Jahre alte Pontifex etwas ernst drein, als Trump für das Gespräch in seine Bibliothek geführt wurde, während der Republikaner für die Kameras ein breites Lächeln aufsetzte.

Doch nach der Audienz lockerte sich die Atmosphäre etwas auf. Bei dem Treffen mit First Lady Melania und Trumps Tochter Ivanka war das Katholiken-Oberhaupt offensichtlich auch zu Scherzen aufgelegt und fragte Melania, was sie ihrem Mann denn zu essen gebe.

Überhaupt waren es die Anekdoten, die interessierten. Der schwarze Schleier von Melania und Ivanka Trump zum Beispiel. Oder die Gespräche am Rande. So soll der deutsche Präfekt des Päpstlichen Hauses, Georg Gänswein, mit Trump im Lift des Apostolischen Palastes gescherzt haben: Es sei wie im Trump-Tower.

An Pracht steht der Vatikan Trumps goldglänzendem Tower in New York wahrlich in nichts nach. Und auch wenn Franziskus immer wieder den Bau von Mauern anprangert: Seinen Staat, also den Vatikan, umgibt schon seit Jahrhunderten eine dicke Mauer - etwas, das Trump an der Grenze zu Mexiko so gerne hätte.

Doch die politische Linie von Franziskus verlangt nach Demut, Bescheidenheit, Fürsorge, Barmherzigkeit. Keine Charakteristika, mit denen sich der Milliardär Trump hervorgetan hat. Im Gegenteil: Gerne stellt der 70 Jahre alte Ex-Unternehmer seinen Reichtum zur Schau. Franziskus verlangt dagegen eine Kirche für die Armen. Und immer wieder ruft er zu Solidarität mit Migranten auf, während Trump ihnen gerne die Einreise in die USA verwehren würde.

Franziskus mag es auch nicht gefallen haben, dass Trump gerade erst in Saudi-Arabien milliardenschwere Waffendeals abgeschlossen hat. „Papst Franziskus und Präsident Trump reichen der islamischen Welt die Hand, um religiöse Gewalt auszutreiben. Einer bietet Frieden durch Dialog, der andere die Sicherheit der Waffen“, twitterte Kurienkardinal Peter Turkson.

Doch der Papst sei auch bekannt dafür, erst einmal zuzuhören, bevor er sich ein Urteil bilde, sagte Vatikan-Experte Marco Politi. Dass er Trump unter anderem sein Umwelt-Lehrschreiben „Laudato Si“ schenkte, ist einerseits ein Wink mit dem Zaunpfahl, andererseits das übliche Geschenk bei Privataudienzen. Auch der Aufruf, sich für den Frieden einzusetzen, ist die Regel bei Treffen mit dem Papst. Auch wenn er im Falle Trump eine besondere Dimension hat. „Ich werde nicht vergessen, was Sie gesagt haben“, versprach der Präsident anschließend.

Die Zeiten, in denen Franziskus Trump kritisierte, dass ein Mensch, der Mauern bauen wolle, kein Christ sein könne, sollten also der Vergangenheit angehören. Und der innenpolitisch angeschlagene Trump ist um Aussöhnung sichtlich bemüht. Für ihn war der Besuch beim Papst einer, bei dem man öffentlich nicht allzu viel falsch machen konnte - zumal es keine Ansprachen gab. Nicht unbemerkt blieb jedoch, dass das Treffen zwischen Trump und Franziskus kürzer war, als das zwischen seinem Vorgänger Barack Obama und dem Papst.

Die kurze Mitteilung des Vatikans blieb vage - wie immer bei solchen Anlässen. „Das Kommuniqué mit seinen drei Absätzen verrät wenig über die Visite aus dem Weißen Haus“, so Radio Vatikan. Die Beschreibung des „herzlichen Gesprächs“ entspricht dem, was der Vatikan immer mitteilt, wenn Staats- oder Regierungschefs zu Besuch waren.

Interessant aber das Detail, dass man sich beim Thema „Schutz des Lebens“, also die Einstellung gegen Abtreibung, einig sei. Über das Thema lagen sich die katholische Kirche und die Regierung unter Obama in den Haaren. Das Streitthema Klimawandel wurde in der Mitteilung nicht erwähnt, dagegen aber Migration und Gesundheitsvorsorge.

Die „Fühler ausstrecken“ wolle der Papst, um zu sehen, wie man mit der unberechenbaren Trump-Regierung am besten umgehen könne, so Autor Politi. „Es ist das erste Mal in der Nachkriegszeit, dass für den Vatikan Washington zu einer problematischen Hauptstadt geworden ist.“

Aber der Vatikan ist sich wohl bewusst, dass er die Vereinigten Staaten mit ihren etwa 70 Millionen Katholiken auch für seine Ziele braucht. Franziskus und Trump wüssten beide, dass die USA die führende Weltmacht sei und der Vatikan eine führende moralische Rolle in der Welt habe, erklärte John L. Allen Jr, Vatikan-Experte des katholischen Portals „Crux“. „Es ist im Interesse aller, dass die beiden gut miteinander auskommen.“

Denn Trump ist für den Papst eine Schlüsselfigur. Konservativen Katholiken in den USA ist Franziskus' „Modernisierungskurs“ ein Dorn im Auge. „Viele amerikanischen Kardinäle sind enttäuscht (...) von einem Papst, der über Homosexuelle, Familie und Scheidung in einer Art und Weise redet, die weit von ihren Prioritäten entfernt liegt“, sagte Massimo Faggioli, Professor für Religionsstudien an der Villanova-Universität in den USA.

Am Ende der Audienz wünschte man sich „Good luck“, viel Glück. Trump zeigte sich beeindruckt von Franziskus. Der Papst ging dagegen schnell zum Alltagsgeschäft über und begrüßte wie mittwochs üblich Zehntausende bei der Generalaudienz. Und Trump machte sich auf den Weg in Richtung Brüssel, wo er an diesem Donnerstag zum Nato-Spitzentreffen erwartet wird. Dabei wird dann weniger Symbolik sondern mehr Inhalt eine Rolle spielen.