Guttenberg wird Berater der EU-Kommission

Brüssel (dpa) - Ex-Minister Guttenberg kehrt auf die politische Bühne zurück - vorerst aber nur bei der EU-Kommission in Brüssel. Als Experte für Internetfreiheit und als „Schlüsselelement“. Es hagelt Kritik.

Warum ausgerechnet er?

Der 40-Jährige soll die Brüsseler Behörde beim Thema Internetfreiheit in autoritären Staaten unterstützen. Nach einem Wiedereinstieg in die deutsche Politik gefragt sagte Guttenberg am Montag in Brüssel: „Dies ist kein politisches Comeback. Ich bin in die USA gegangen und ich plane nicht, in den nächsten Wochen oder Monaten zurückzukommen.“

Die für Digitales zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes hat Guttenberg als unabhängigen Berater angeworben. „Das war meine Idee“, sagte sie bei dem gemeinsamen Auftritt. Seine Ernennung sei das Schlüsselelement der neuen Strategie, mit der sich die EU für Menschenrechte und Freiheit im Internet einsetze.

Kroes sagte, sie kenne Guttenberg seit langem, deshalb habe sie bereits im Sommer die Initiative ergriffen. Guttenberg soll Regierungen, Verbände und Blogger kontaktieren und zum Thema Internetfreiheit beraten.

Dass ausgerechnet Guttenberg, den Internetaktivisten des Abschreibens bei seiner Doktorarbeit überführt hatten, nun für Freiheit im Netz wirbt, ruft viel Kritik hervor. Die Grünen im Europaparlament kündigten bereits eine parlamentarische Anfrage bei der EU-Kommission an. Kommissarin Kroes wiegelte jegliche Einwände ab: „Ich suche nach Talent und nicht nach Heiligen.“

Guttenberg selbst nahm dazu indirekt Stellung und sagte: „Ich bin der Macht des Internets persönlich ausgesetzt gewesen, erst in diesem Jahr. Und ich erkenne und wertschätze dessen Fähigkeit, jene an der Macht zur Verantwortung zu ziehen.“

Vor einigen Wochen war Guttenberg bei einem Forum im kanadischen Halifax aufgetreten. Kurz darauf wurde sein Interview-Buch „Vorerst gescheitert“ veröffentlicht. Seitdem wird in Deutschland über ein politisches Comeback Guttenbergs diskutiert.

Für seine Aufgabe erhält der CSU-Politiker, der für das US-amerikanische Institut Center for Strategic and International Studies (CSIS) arbeitet, keine Bezahlung. Kroes sagte, Guttenberg werde von den USA aus agieren, bekomme keine Mitarbeiter und auch kein Büro. Seine Aufgabe sei zeitlich nicht befristet.

Guttenberg selbst stellt sich durchaus auf eine längere Beratungstätigkeit ein: „Diese Aufgabe wird sicher Zeit brauchen“. Er fügte hinzu: „Ich werde meine breitgefächerten Kontakte nutzen, die ich während meiner politischen Amtszeit in auswärtigen Angelegenheiten, Sicherheits- und Wirtschaftsangelegenheiten gewonnen habe, um die Protagonisten zu erreichen.“

Der CSU-Politiker war gestürzt, nachdem Aktivisten im Internet auf der Webseite „Guttenplag“ dokumentiert hatten, dass in erheblichem Umfang Passagen seiner Doktorarbeit abgeschrieben waren. Die Plagiatsvorwürfe hatten ihn auch seinen Doktortitel gekostet. Ein Verfahren wegen Urheberrechtsverletzung wurde eingestellt.

Im Europaparlament löste der Auftritt Guttenbergs Befremden aus. Der SPD-Europaabgeordnete Bernhard Rapkay zweifelte an der Kompetenz Guttenbergs, der bisher eher als Befürworter von Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung aufgefallen sei. „Man muss sich ernsthaft fragen, ob Frau Kroes noch recht bei Verstand ist.“

Der Vorsitzende der Unions-Abgeordneten im EU-Parlament, Werner Langen, argwöhnte in der Mitteldeutschen Zeitung, Guttenberg versuche „mit Gewalt“ in die Medien zu kommen. Auch Jan Philipp Albrecht von den Grünen sprach von einem „weiteren Inszenierungsversuch des gescheiterten Politikers zu Guttenberg.“ Mit der parlamentarischen Anfrage wolle er von der Brüsseler Behörde erfahren, wie die Berufung Guttenbergs mit dessen umstrittener Rolle in Deutschland vereinbar sei, so Albrecht.