Hintergrund: Britisches Jugendstrafrecht

Berlin (dpa) - Jugendkriminalität ist seit Jahren ein großes Thema in Großbritannien. Besonders Labour-Premierminister Tony Blair hat Wege gesucht, das Problem der gewaltbereiten Jugendlichen in den Griff zu bekommen - ohne große Erfolge.

Einige Beispiele:

Großbritannien geht mit auffälligen Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu anderen europäischen Staaten besonders hart um. Kinder gelten in England bereits ab 10 Jahren als strafmündig, in Schottland sogar schon ab 8. Zum Vergleich: In Deutschland können Kinder erst mit 14 Jahren vor Gericht gestellt werden. Seit Mitte der 90er Jahre gab es in Großbritannien zahlreiche Einzelgesetze (Acts), die es ermöglichen, Jugendliche möglichst früh wie Erwachsene zu verurteilen - spätestens ab 17. Zu den Maßnahmen gehört auch Untersuchungshaft in normalen Gefängnissen. Im Vereinigten Königreich hat die Polizei weitreichende Befugnisse. Anders als in Deutschland übernimmt sie teilweise Aufgaben der hiesigen Staatsanwaltschaft - zum Beispiel Anklagen.

1998 verabschiedete die britische Regierung ein Gesetz, das die „ASBOs“ (anti-social behaviour order) einführte. Damit sind Verwarnungen gegen asoziales Verhalten gemeint. Richter können Jugendlichen nach wiederholten Pöbeleien zum Beispiel verbieten, bestimmte Plätze zu betreten. Graffiti-Schmierern wird der Besitz von Farbspraydosen untersagt. Wer sich einer solchen Anordnung widersetzt, riskiert bis zu fünf Jahre Gefängnis. Bereits Zehnjährige können mit einer ASBO bestraft werden. Knapp die Hälfte der Anordnungen betraf bisher Minderjährige.

Die Politik der Härte hat jedoch wenig Früchte getragen. Das Problem liegt nach Ansicht von Forschern darin, dass die eigentlich Verantwortlichen, die Eltern, so gut wie unbehelligt bleiben. Die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, die Anordnung mit einer Aufforderung an die Eltern zu verbinden, ihre Kinder zu beaufsichtigen, werde so gut wie nicht genutzt. Die „Hoodies“, oft Jugendliche mit Kapuzenshirt, sehen ASBOS eher als Ehrenabzeichen für besonders cooles Verhalten.

David Cameron als neuer Tory-Regierungschef, hat es mit Verständnis statt Härte probiert - zumindest in seiner Zeit als Oppositionsführer. Er plädierte für eine Strategie der „liebevollen Kritik“ gegenüber jungen Straftätern. Seine als zu verständnisvoll verstandenen Worte wurden mit der Parole „Hug a Hoodie“ („umarme einen Kapuzenträger“) verspottet. Weder die verständnisvolle noch die harte Methode haben sich bisher bewährt.