Hintergrund: Das Urteil zur Sicherungsverwahrung
Berlin (dpa) - Der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg hat die rückwirkende Verlängerung der Sicherungsverwahrung im Dezember 2009 für menschenrechtswidrig erklärt.
Geklagt hatte ein damals 52-Jähriger, der 1986 in Marburg wegen versuchten Raubmords zu fünf Jahren Haft und gleichzeitig zur Sicherungsverwahrung verurteilt worden war. Diese dauerte damals maximal zehn Jahre. Die zeitliche Begrenzung der Sicherungsverwahrung wurde aber 1998 aufgehoben. Das führte dazu, dass der verurteilte Raubmörder 18 Jahre nach seiner Verurteilung immer noch hinter Gittern saß, weil er als gefährlich galt.
Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Beschwerde des Mannes 2004 mit dem Argument zurückgewiesen, die Sicherungsverwahrung sei keine Strafe, sondern eine Maßregelung zum Schutz der Gesellschaft. Die Straßburger Richter befanden jedoch, dass Sicherungsverwahrung sehr wohl als Strafe zu betrachten sei. Sie verstoße gegen den Grundsatz „keine Strafe ohne Gesetz“, da Sicherungsverwahrung zum Zeitpunkt der Verurteilung 1986 auf zehn Jahre begrenzt war. Danach hätte der Mann 2001 freigelassen werden müssen.
Die Straßburger Richter sahen es als angemessen an, dass der Gewaltverbrecher 52 000 Euro Entschädigung erhalten sollte - das entspricht rund 500 Euro pro Monat zwischen den Jahren 2001 und 2009. Prinzipiell ist Deutschland zur Umsetzung von Urteilen des Gerichtshofs verpflichtet. Dem Gesetzgeber bleibt es jedoch überlassen, wie das geschieht. Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht auch die Sicherungsverwahrung gekippt, die gleichzeitig mit dem Urteil angeordnet wird, und eine Neueregelung gefordert.