Hintergrund: Den „Vizekanzler“ gibt es nicht
Berlin (dpa) - Den sogenannten Vizekanzler im Bundeskabinett gibt es eigentlich gar nicht. Der offizielle Titel lautet Stellvertreter des Bundeskanzlers.
Artikel 69, Paragraf 1 des Grundgesetzes bestimmt: „Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu seinem Stellvertreter.“ Vizekanzler kann also nur werden, wer ein Ministeramt hat.
In Paragraf 8 der Geschäftsordnung der Bundesregierung heißt es zu den Aufgaben: „Ist der Bundeskanzler an der Wahrnehmung der Geschäfte allgemein verhindert, so vertritt ihn der gemäß Artikel 69 des Grundgesetzes zu seinem Stellvertreter ernannte Bundesminister in seinem gesamten Geschäftsbereich. Im übrigen kann der Bundeskanzler den Umfang seiner Vertretung näher bestimmen.“
Im Gegensatz zu anderen Demokratien ist der Vizekanzlerposten in Deutschland kein Amt mit politischer Macht. Stirbt der Regierungschef, übernimmt der Stellvertreter nur für eine kurze Zeit dessen Aufgabe einschließlich der Richtlinienkompetenz. In den USA wird der Vizepräsident nach dem plötzlichen Tod des Präsidenten unverzüglich als neuer Staats- und Regierungschef vereidigt.
Die bisherigen Vizekanzler der FDP waren in der Regel auch die Parteivorsitzenden: Franz Blücher, Erich Mende, Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel - und Guido Westerwelle. Einzige Ausnahme war Jürgen Möllemann, der sich als Wirtschaftsminister von 1992 bis 1993 nicht einmal ein Jahr in beiden Funktionen hielt. Bis zu seinem Tod schmückte sich Möllemann auf seinem Briefpapier aber mit dem Titel „Vizekanzler a.D.“.