Hintergrund: Der Fall Julia Timoschenko

Berlin (dpa) - Mit ihrem geflochtenen Haarkranz wurde die ukrainische Politikerin Julia Timoschenko zu einem Symbol für die pro-westliche Orangene Revolution.

Nach dem Sieg des damaligen Regierungschefs Viktor Janukowitsch bei der Präsidentenwahl im November 2004 folgten Massenproteste wegen Wahlfälschung und eine neue Stichwahl. Dabei siegte Viktor Juschtschenko, der seine damalige politische Weggefährtin Timoschenko im Januar 2005 zur Ministerpräsidentin machte. Nach Zerwürfnissen über die Energiepolitik entließ der Präsident sie im September.

Einige Monate später setzte sich Timoschenko dann bei Wahlen durch, wurde erneut Ministerpräsidentin und blieb es bis März 2010. In dieser Zeit handelte sie mit Moskaus Regierungschef Wladimir Putin neue Verträge für russische Gaslieferungen aus. Das wurde ihr zum Verhängnis, denn nach dem Verlust der Macht folgte die Anklage. Zudem soll sie in den 1990er Jahren als Chefin eines Energiekonzerns Staatsgelder veruntreut haben. Im Oktober 2011 wurde die Rivalin des heutigen Präsidenten Janukowitsch in einem international kritisierten Prozess wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Noch während der Richter das Urteil verlas, kündigte Timoschenko Widerspruch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an. Die Europäische Union droht der Ex-Sowjetrepublik mit weitreichenden Konsequenzen. EU-Politiker kritisierten, dass die Justiz und nicht das Parlament über Regierungsarbeit entscheide. Janukowitsch verteidigte den Schuldspruch dagegen als gesetzestreu: „Das Urteil wurde im Rahmen der geltenden Strafprozessordnung gefällt“.

Ende Dezember 2011 wurde die hinter Gittern ernsthaft erkrankte Timoschenko in ein Straflager im ostukrainischen Charkow verlegt. Spezialisten der Berliner Charité untersuchten sie dort und mahnten eine Therapie außerhalb der Haftanstalt an. Timoschenko kam daraufhin für kurze Zeit in ein Krankenhaus der Stadt Charkow, wurde dann aber ins Straflager zurückgebracht. Nach dem erzwungenen Klinik-Transport weist ihr Körper nach Angaben ihres Anwalts schwere Blutergüsse auf. Aus Protest gegen ihre Haftbedingungen trat sie am 20. April in einen Hungerstreik.

Seit gut einer Woche wird gegen sie zudem in einem zweiten Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung verhandelt. Ihr drohen weitere zwölf Jahre Haft. Die Berliner Ärzte hatten sie für verhandlungsunfähig erklärt.