Hintergrund: Die Rolle der EZB in der Schuldenkrise
Frankfurt/Main (dpa) - In der Schuldenkrise steht die Europäische Zentralbank (EZB) gewissermaßen als ständige Eingreifgruppe bereit. Als unabhängige Notenbank kann sie Entscheidungen wesentlich schneller treffen und Maßnahmen umsetzen als dies Regierungen und die EU können.
Das war etwa im Mai wichtig, als der EZB-Rat angesichts der die extremen Unsicherheit an den Finanzmärkten praktisch über Nacht beschloss, auf unbestimmte Zeit Staatsanleihen klammer Euroländer aufzukaufen - und das Programm postwendend startete: Eine Woche später hatte sie bereits Anleihen für 16,5 Milliarden Euro gekauft, um die Zinsen im Zaum zu halten.
Zudem verhandelt das Team von Präsident Jean-Claude Trichet mit, wenn um Hilfsprogramme für Schuldensünder wie Griechenland oder Irland auf den Weg gebracht und Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung ausgearbeitet werden.
Seit Mai hat die EZB, deren oberstes Ziel die Preisstabilität ist, ein Paket von 72 Milliarden Euro an Staatspapieren angehäuft. Zeitweise war sie nach Einschätzung von Marktbeobachtern einziger Abnehmer von Papieren etwa aus Irland. Die Bank selbst gibt keine näheren Informationen, von welchem Land sie warum in welcher Höhe Papiere kauft. Auch wie lange das umstrittene Programm laufen soll, hält sie offen.
Inzwischen fürchtet die EZB aber, auf einem Teil des Geldes sitzen zu bleiben: Sie wünscht sich laut Kreisen von den Regierungen eine Erhöhung des Grundkapitals, um im Fall von Ausfällen weich zu landen. Das EZB-Grundkapital wird zu 70 Prozent von nationalen Notenbanken gestellt, der Rest verteilt sich auf EU-Länder, die nicht dem Währungsraum angehören. Die Deutsche Bundesbank stellt knapp 19 Prozent - müsste also bei einer Erhöhung um 5 Milliarden Euro knapp eine Milliarde Euro stemmen.
Da die EZB mit dem Anleihenkauf praktisch die Verschuldung von Staaten mitfinanziert, hat das Programm auch Bedenken bezüglich der Unabhängigkeit des Hauses eingebracht. Selbst im EZB-Rat, dem neben sechs Mitgliedern des Direktoriums auch die Präsidenten der 16 nationalen Zentralbanken der Euroländer angehören, gibt es Gegner. So hatte Bundesbank-Präsident Axel Weber vor „erheblichen stabilitätspolitischen Risiken“ gewarnt.