Luxemburg warnt Deutschland vor Arroganz
Berlin/Straßburg (dpa) - Deutschlands kategorisches Nein zu gemeinsamen Euro-Anleihen stößt bei europäischen Partnern und der Opposition im Bundestag auf harsche Kritik.
Vor dem EU-Gipfel an diesem Donnerstag warnte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn Deutschland und Frankreich vor einem „Machtanspruch“, „der eine gewisse Überheblichkeit und Arroganz ausdrückt“.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erteilte am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung einer gemeinsamen Euro-Anleihe erneut ein Absage. Die SPD-Spitze in Berlin sowie Sozialdemokraten, Grüne und Liberale im Europaparlament in Straßburg halten die Idee hingegen für das beste Mittel, um die Spekulation auf den Bankrott von Euro-Staaten langfristig einzudämmen.
Asselborn ging die Kanzlerin ungewohnt hart an. Die Marschroute der EU könne „nicht von den großen Ländern vorgeschrieben werden“, sagte er der „Welt“ (Mittwoch). Er beschwerte sich über politische Inszenierungen: Es komme vor, dass „Frankreich und Deutschland vor einem EU-Gipfel Probleme erst geschaffen“ hätten. „Dann sind sie nach Brüssel gekommen und haben theatralisch gezeigt: Wir haben die Probleme gelöst und Europa vorangebracht.“
Merkel konterte im Bundestag und verwies auf die Stärke der gemeinsamen Währung trotz der Turbulenzen. „Der Euro hat sich als krisenfest bewährt“, sagte Merkel. Im Parlament stellte sie einen 9- Punkte-Plan vor, um den Euro dauerhaft krisenfest zu machen.
Dazu zählt eine kleine Änderung des EU-Vertrages, um im schlimmsten Fall einer Staatspleite auch private Gläubiger wie Banken in die Verantwortung zu nehmen. Von Mitte 2013 soll einer sogenannter dauerhafter Krisenmechanismus bereit stehen, um überschuldete Euro- Staaten aufzufangen.
Voraussichtlich im März 2011 könnten auf dem nächsten Gipfel diese Korrekturen beschlossen werden. Dann seien die nationalen Parlamente am Zuge. Ziel sei es, dass alle 27 EU-Staaten bis Ende 2012 entscheiden, erläuterte die Kanzlerin.
Die Europäische Union habe sich in der Euro-Krise bewährt, sagte Merkel. Alle Akteure in Europa hätten mutig, abgestimmt und entschlossen gehandelt. „Wir haben erfahren, dass Europa eine Verantwortungsgemeinschaft ist“, betonte sie und versicherte: „Niemand in Europa wird alleingelassen, niemand wird fallengelassen. Europa gelingt nur gemeinsam.“
Merkel betonte, sie erwarte vom Brüsseler EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag einen „präzisen und eng gefassten“ Beschluss zum neuen Krisenmechanismus. Dieses Sicherheitsnetz soll von Mitte 2013 an bei Überschuldung von Euro-Staaten gespannt werden. Nothilfen für angeschlagene Euro-Länder sollen ihrem Willen grundsätzlich immer nur als letztes Mittel möglich sein. Dieser Grundsatz müsse auch für den künftigen Euro-Krisenmechanismus gelten.
Die SPD im Bundestag warf der schwarz-gelben Bundesregierung vor, jüngste Alarmsignale aus der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Euro-Krise zu ignorieren. Die bei der EZB nötige Kapitalerhöhung als Folge des massiven Aufkaufs von Staatsanleihen aus Euro-Ländern sei eine letzte Warnung, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. „Dieses Alarmsignal wollen Sie nicht hören.“
In der englischsprachigen „Financial Times“ (Mittwoch) warben Steinmeier und der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) für die Ausgabe von Euro-Bonds. Dieser Schritt würde die Botschaft vermitteln, „dass Europa stark und geeint ist und bereit, gemeinsam aufzutreten - egal, welche kritische Situation an den Märkten auftritt“.
Im Europaparlament gab es scharfe Kritik am Krisenmanagement der EU-Regierungen in der Euro-Krise: Vor allem Abgeordnete der Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen kritisierten, dass Deutschland und Frankreich die Einführung gemeinsamer Euro-Anleihen ablehnen.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rechtfertigte, dass die Kommission dem Gipfel die sogenannten „Euro-Bonds“ nicht vorschlägt. „Lassen Sie uns der Versuchung widerstehen, die Dinge zu verkomplizieren oder künstliche Verbindungen zu anderen Themen herzustellen“, warnte er.