Hintergrund: Die unterschiedlichen Fallgruppen
Karlsruhe (dpa) - Das Bundesverfassungsgericht hat sämtliche Regelungen zur Sicherungsverwahrung von Straftätern für verfassungswidrig erklärt. Dabei sind allerdings verschiedene Gruppen von Verwahrten zu unterscheiden.
- RÜCKWIRKENDE VERLÄNGERUNG der Sicherungsverwahrung: Hier handelt es sich um „Altfälle“. Bei ihrer Verurteilung galt für die Sicherungsverwahrung noch eine Höchstfrist von zehn Jahren. Diese Frist wurde rückwirkend aufgehoben. Hiervon sind etwa 80 Menschen betroffen. In solchen Fällen hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Sicherungsverwahrung für menschenrechtswidrig erklärt.
- NACHTRÄGLICHE ANORDNUNG der Sicherungsverwahrung: In diesen Fällen wurde die Verwahrung erst angeordnet, als der Betroffene schon im Gefängnis saß - obwohl bei der Verurteilung davon noch nicht die Rede war. Seit Anfang des Jahres ist die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zum größten Teil abgeschafft worden. Derzeit sitzen nach Schätzungen mindestens 20 Täter in nachträglicher Sicherungsverwahrung.
Bei diesen beiden Fallgruppen ist eine weitere Unterbringung künftig nur erlaubt, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen zu erkennen ist und außerdem eine psychische Störung besteht. Das müssen die Gerichte spätestens BIS ENDE DIESES JAHRES prüfen - ansonsten müssen die Betroffenen freigelassen werden.
- In allen anderen Fällen wird die SICHERUNGSVERWAHRUNG GLEICHZEITIG MIT DEM URTEIL angeordnet. Auch diese Regelungen sind nach der neuen Entscheidung verfassungswidrig. Hier aber gibt das Gericht dem Gesetzgeber ZWEI JAHRE ZEIT für eine Neuregelung. Bis dahin dürfen die Betroffenen nur in Verwahrung gehalten werden, wenn die Gefahr künftiger schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten besteht. Auch nach bisherigem Recht war mindestens alle zwei Jahre eine Überprüfung der Verwahrung erforderlich.