Hintergrund: FDP im tiefen Tal
Berlin (dpa) - Die FDP hat in den zweieinhalb Jahren seit der Bundestagswahl einen dramatischen Niedergang erlebt. In aktuellen Umfragen liegt sie bei zwei Prozent und droht demnächst im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen aus weiteren Landtagen zu fliegen.
Mit einem Rekord von 14,6 Prozent bei der Bundestagswahl im September 2009 waren die Liberalen selbstbewusst in die schwarz-gelbe Koalition unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel gestartet. Parteichef Guido Westerwelle wurde Außenminister und Vizekanzler.
Doch schnell kriselt es: Meist geht es um Steuersenkungen, im Koalitionsvertrag vereinbart und von der FDP zum Credo erhoben. Im Januar 2010 wird der FDP wegen eines Steuerbonus für Hoteliers Klientelpolitik vorgeworfen. Wenig später sorgt Westerwelle in der Hartz-IV-Debatte für Empörung. Er kritisiert „spätrömische Dekadenz“ und die Kanzlerin rügt ihren Vize öffentlich.
Im Mai 2010 verliert Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen die Macht und im Bundesrat die Mehrheit. Merkel erklärt: Steuersenkungen seien auf absehbare Zeit nicht mehr drin. Die FDP muss damit ihr größtes Wahlkampfversprechen vorerst brechen.
Mit jeder Wahlniederlage wird es für die FDP schwieriger, ihre Forderungen durchzusetzen. 2011 fliegt sie aus fünf Landtagen. Im März scheitert sie in Rheinland-Pfalz (4,2 Prozent) und Sachsen- Anhalt (3,8 Prozent). In der Partei wächst der Druck auf Westerwelle, bis dieser das Handtuch wirft.
Im Mai wird Philipp Rösler FDP-Chef und Vizekanzler. Doch die FDP bleibt im Tief und kassiert bis September in Mecklenburg-Vorpommern (2,7 Prozent), Bremen (2,4 Prozent) und Berlin (1,8 Prozent) weitere vernichtende Niederlagen.
Im Herbst wird der Mitgliederentscheid zum Euro-Rettungsschirm ESM zum Fiasko für die Partei. Die Euro-Skeptiker können sich zwar nicht gegen den Parteivorstand durchsetzen. Rösler erklärt aber schon kurz vor Ende der Abstimmung, dass er ein Scheitern der Initiatoren erwarte. Am 14. Dezember, zwei Tage vor Bekanntgabe des Ergebnisses, tritt FDP-Generalsekretär Christian Lindner überraschend zurück.
Im Januar erklärt Saar- Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) das Ende ihrer Koalition mit Grünen und FDP: Die Saar-Liberalen seien „nicht mehr länger mit der Verantwortung für die Zukunftssicherung des Landes vereinbar“.
Im Februar setzt die FDP zwar Joachim Gauck gegen den Willen der Kanzlerin als Kandidaten für das Bundespräsidentenamt durch, kommt aber auch damit nicht aus dem Umfragetief.
Am Mittwoch scheitert - auch unter dem Beifall der Liberalen - die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen. Der neue Landtag in Düsseldorf soll am 6. oder 13. Mai gewählt werden. Glaubt man Umfragen, fliegt die FDP dann aus dem Landesparlament. Dieses Schicksal droht auch in Saarbrücken am 25. März und in Kiel am 6. Mai.