Hintergrund: „Fiskalpakt“ gegen Defizite und Schulden

Berlin (dpa) - Die 17 Euro-Länder und bisher 9 weitere EU-Staaten wollen einen „Fiskalpakt“ mit strengeren Haushaltsregeln beschließen. Schärfere Vorgaben über eine Änderung der EU-Verträge scheiterten, da Großbritannien nicht mitzieht.

Daher wird nun ein zwischenstaatlicher Vertrag der 26 angestrebt - zunächst parallel zum EU-Vertrag der 27.

Das führt zu Problemen. Die rechtliche Durchsetzbarkeit ist umstritten, etwa beim Klagerecht. Im Zweifel könnte sich ein Land darauf berufen, dass das EU-Recht des Lissaboner Vertrags Vorrang habe, meinen Kritiker. Die Kernpunkte des „Fiskalpaktes“:

DEFIZIT-/SCHULDENABBAU: Angestrebt werden nahezu ausgeglichene Haushalte. Das jährliche, um Konjunktur- und Einmaleffekte bereinigte Staatsdefizit eines Landes darf 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft nicht übersteigen. Das ist weniger streng als die Schuldenbremse für den Bund, dessen Strukturdefizit in Normalzeiten ab 2016 nicht über 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen darf.

DEFIZITVERFAHREN: Wird die Obergrenze bei der Neuverschuldung verletzt, soll das Defizitverfahren automatisch ausgelöst werden. Dies soll nur mit qualifizierter Mehrheit verhindert werden können - anders als im Lissabon-Vertrag. Die Gesamtverschuldung, die über 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt, soll pro Jahr um ein Zwanzigstel reduziert werden.

SCHULDENBREMSE: Die Staaten hatten im Dezember zugesichert, nationale Schuldenbremsen einzuführen und sie in ihrem Recht zu verankern. Mehrere Länder betrachten eine Verankerung auf Verfassungs- oder vergleichbarer Ebene inzwischen aber als schwierig. Deutschland hat auf eine Verankerung mit Verfassungsrang gepocht.

EuGH/KLAGERECHT: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll überprüfen, ob die Staaten diese Schuldenbremse auch in nationales Recht umsetzen. Wer das nicht ausreichend macht, kann vom EuGH verklagt werden. Noch „klärungsbedürftig“ ist, ob die EU-Kommission aktiv werden kann, wenn sie einen Verstoß gegen Schuldenbremsen feststellt. Kanzlerin Angela Merkel dringt auf ein eigenständiges Klagerecht der EU-Kommission bei Verstößen gegen Vereinbarungen des Fiskalpaktes.

SANKTIONEN: Nach dem jüngsten Vertragsentwurf kann der EuGH Geldstrafen gegen Länder verhängen, die die Schuldenregel nicht umsetzen. Die Strafe soll nicht höher als 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung sein und an den künftigen Rettungsschirm ESM gezahlt werden. Vor den EuGH kann nach dem bisherigen Vertrag nur ein Unterzeichnerland des Fiskalpaktes ziehen.

VERKNÜPFUNG MIT ESM: Wie von Deutschland gefordert, soll der „Fiskalpakt“ mit dem im Juli startenden ESM verknüpft werden. ESM-Hilfen sollen also nur die Euro-Länder erhalten, die auch den neuen „Fiskalpakt“ unterzeichnet haben.