Hintergrund: Griechenland und die Gläubiger

Karlsruhe (dpa) - Griechenland steht am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Viele sehen in einem Schuldenschnitt die letzte Möglichkeit, den maroden Staatshaushalt in den Griff zu bekommen.

Dabei sollen nur die privaten Gläubiger auf einen Teil ihres Geldes verzichten. Schon jetzt haben Hedge-Fonds damit gedroht, gegen solche Maßnahmen zu klagen, falls sie verpflichtend werden. Doch wie steht es um ihre Erfolgschancen?

Naheliegend wären zunächst Klagen vor griechischen Gerichten, die entsprechenden Staatsanleihen sind zu 90 Prozent nach griechischem Recht ausgestaltet. „Der Krisenstaat könnte aber sein Anleihenrecht ändern und solche Klagen beispielsweise per Gesetz verbieten“, erklärt Europarechtler Christoph Herrmann von der Universität Passau. Die griechischen Gerichte bräuchten sich dann erst gar nicht mehr mit den Klagen zu beschäftigen.

Allerdings: Griechenland ist an EU-Recht gebunden und kann deshalb sein Recht nicht einfach so ändern, wie es will. „Das EU-Recht genießt Anwendungsvorrang“, sagt Herrmann. „Die Gläubiger könnten den Griechen sagen, dass das griechische Gesetz gar nicht angewendet werden darf, wenn es gegen EU-Recht verstößt.“ Die griechischen Gerichte müssten dies dann beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg klären lassen, in einem langwierigen Verfahren: „So ein Vorabentscheidungsverfahren dauert eineinhalb bis zwei Jahre“, sagt der Rechtsexperte.

Höhere Erfolgschancen räumt Herrmann den Gläubigern ein, wenn sie vor einem internationalen Investitionsschiedsgericht wegen Enteignung auf Schadensersatz klagen. Griechenland habe bilaterale Investitionsschutzabkommen mit 40 Ländern geschlossen, darunter auch Deutschland. „Das sind völkerrechtliche Verträge, aus denen private Gläubiger selbst klagen können“, erklärt Herrmann. „Eine Besonderheit, denn eigentlich können aus solchen Verträgen nur Staaten gegen andere Staaten vorgehen.“

Letztlich bleibt den Gläubigern noch der Weg vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Dort könnten sie wegen Verletzung ihres Eigentumsrechts klagen. Von dieser Option rät Herrmann privaten Unternehmen jedoch ab. „Das ist ein echtes menschenrechtliches System, da dürften es gerade Fonds-Gesellschaften schwer haben.“ Doch auch für private Kleinanleger sei die Lösung mit Nachteilen verbunden, weil sie die hohen Anwaltskosten tragen müssten.