Hintergrund: Kompliziertes Prozedere Unterhauswahl
London (dpa) - Britische Wähler sind eigentlich schnelle Klarheit gewohnt. Am Tag nach der Parlamentswahl gibt es einen neuen Premierminister - oder der alte bleibt im Amt. In diesem Jahr könnte alles anders werden.
Großbritannien stellt sich auf eine ungewohnte Regierungssuche nach dem 7. Mai ein. Dass es keine geschriebene Verfassung gibt, dafür aber einen Wust an tradierten Gepflogenheiten, macht die Sache nicht einfacher. Die wichtigsten Schritte zu einer neuen Regierung in der Downing Street:
7. Mai: Der Wähler hat das Wort. Die Wahllokale schließen um 23.00 Uhr (MESZ). Unmittelbar nach Schließung gibt es auf Wählerbefragungen basierende Prognosen, die neben einer Aussage zu den prozentualen Stimmanteilen die noch wichtigere Sitzverteilung einschließen werden.
8. Mai: Sollte es eine absolute Mehrheit für eine der Parteien geben, wird der Gewinner seinen Sieg erklären. Sollte es zu einer Wachablösung kommen, müsste Amtsinhaber David Cameron zu Queen Elizabeth II. als Staatsoberhaupt fahren und seinen Rücktritt einreichen. Dies gilt auch für eine Konstellation ohne absolute Mehrheit, in der Cameron aber keine Aussicht auf eine Regierungsbildung unter seiner Führung mehr sieht.
8. Mai und die Tage danach: Bei klarer Mehrheit wird der Unterlegene seine Niederlage anerkennen und der Sieger eine neue Regierung bilden. Sollte sich keine eindeutige Mehrheit abzeichnen und David Cameron die Chance auf eine eigene Regierungsbildung sehen, bleibt er zunächst weiter im Amt. Er muss dann mit seinen möglichen Partnern ein Regierungsprogramm zimmern.
27. Mai (voraussichtlich): Bei der konstituierenden Sitzung des Parlaments - der sogenannten Queen's Speech - wird das Programm der neuen Regierung verlesen.
Erste Juniwoche: Abstimmung über die Queen's-Speech im neuen Parlament - hierbei handelt es sich de facto um eine Vertrauensabstimmung für die neue Regierung, also die Nagelprobe. Sollte sie scheitern, weil die Mehrheit der Abgeordneten gegen das Programm stimmt, hätte dann die Gegenseite das Recht auf den nächsten Versuch.
Anschließend: Sollte es auch dann innerhalb von 14 Tagen keine stabile Regierung geben, könnte es zu Neuwahlen kommen. Dies wäre auch der Fall, wenn schon zuvor mindestens zwei Drittel der Abgeordneten für die Auflösung des Parlaments stimmen würden.