Hintergrund: Strafverfahren in Großbritannien

London (dpa) - Nach den Krawallen in Großbritannien werden derzeit Hunderte Festgenommene im Schnellverfahren den Haftrichtern vorgeführt. Im Vergleich zu Deutschland gibt es dabei einige Besonderheiten im britischen Strafverfahren:

- Rolle der Polizei „Der größte Unterschied zwischen den Verfahren in Deutschland und Großbritannien ist die Rolle der Polizei“, sagt Professor Thomas Weigend vom Institut für ausländisches und internationales Strafrecht der Universität Köln. „Sie ist allein für die Ermittlungen zuständig. In Deutschland leitet dagegen die Staatsanwaltschaft offiziell die Ermittlungen.“ Auch für die erste Anklage ist in Großbritannien die Polizei verantwortlich.

- Anklageerhebung „Die Polizei erlässt schon kurz nach der Festnahme in Großbritannien eine erste, provisorische Anklage“, sagt Weigend. Die Anklage wird in Deutschland erst am Ende der Ermittlungen erhoben. Auch in Großbritannien erfolgt am Ende der Ermittlungen eine weitere Anklage: „Dann übergibt die Polizei die Verantwortung an die Staatsanwaltschaft, den sogenannten Crown Prosecution Service.“

- Schuldeingeständnis „In Großbritannien wird der Angeklagte traditionell am Anfang des Verfahrens gefragt, ob er sich schuldig bekennt“, sagt Weigend. Bejaht er diese Frage, gibt es keine Beweisaufnahme. „Das Gericht geht direkt dazu über, das Strafmaß festzulegen.“ In Deutschland ist eine ausführliche Beweisaufnahme dagegen die Regel.