IKRK: 50 000 Menschen bei Kämpfen um Aleppo vertrieben
Genf/München (dpa) - Bei den Kämpfen um die syrische Stadt Aleppo sind nach Schätzungen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) jüngst 50 000 Menschen vertrieben worden. Außerdem seien Versorgungsrouten unterbrochen, teilte das IKRK gestern in Genf mit.
Das Rote Kreuz versuche, medizinische Hilfe, Wasser und Essen zu den Menschen zu bringen. UN-Organisationen hatten am Dienstag davor gewarnt, dass bis zu 300 000 Menschen in Aleppo von Hilfslieferungen abgeschnitten werden könnten.
Die internationale Gemeinschaft lotet am Donnerstag in München die Chancen für eine Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche aus. An der Konferenz nehmen Außenminister und andere hochrangige Vertreter aus 17 Staaten teil, darunter die USA, Russland, Saudi-Arabien, Iran und die Türkei. Diese fünf Länder haben eine Schlüsselrolle bei den Bemühungen um ein Ende des seit fünf Jahren andauernden Bürgerkriegs. Deutschland wird von Außenminister Frank-Walter Steinmeier vertreten.
Russland hatte mit Luftangriffen auf die Opposition in der Region Aleppo die Kämpfe wieder intensiviert. Im fünfjährigen Bürgerkrieg in Syrien sind 250 000 Menschen ums Leben gekommen.
„Die Kämpfe setzen den Menschen stark zu. Die Temperaturen sind extrem niedrig. Die Vertriebenen versuchen, ohne Schutz, Wasser und Nahrung unter sehr gefährlichen Bedingungen zu überleben“, sagte die Leiterin der Syrien-Delegation des IKRK, Marianne Gasser. In den vergangenen Tagen sei es gelungen, Essen für rund 10 000 Familien in der umkämpften Region zu verteilen. In der Großstadt Aleppo selbst seien die Menschen auf die 100 vom IKRK eingerichteten Wasserstellen angewiesen.
Die Friedensgespräche in Genf waren vor einer Woche nach nur fünf Tagen abgebrochen worden und sollen möglichst am 25. Februar fortgesetzt werden. In München sollen nun die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Es wird vor allem um eine bessere humanitäre Versorgung notleidender Menschen und die Vorbereitung eines Waffenstillstands gehen.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Bombardements Russlands in Syrien seien „brutaler, menschenverachtender Zynismus“. Auch der „Tatbestand eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ sei erfüllt, sagte er der „Welt“ (Donnerstag). Der deutschen Außenpolitik warf der CDU-Politiker vor, die Entwicklungen in Nahen und Mittleren Osten zu lange ignoriert zu haben. Deutschland habe es versäumt, sich für größere europäische Entschlossenheit einzusetzen und nehme „noch immer eine Zuschauer- und Mitläuferrolle ein“.
Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte am Mittwoch erneut die Forderung nach einer Grenzöffnung für Zehntausende Flüchtlinge aus Syrien als „Heuchelei“ zurückgewiesen. Manche „Kreise“, darunter der UN-Sicherheitsrat, würden „für die Lösung der Syrienkrise keinen einzigen Finger krumm machen“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Anadolu. Gleichzeitig fordere man von der Türkei eine Öffnung der Grenze. Davutoglu forderte zudem eine eindeutige Verurteilung der russischen Luftschläge in Syrien.