In Chichén Itzá spüren Touristen die Energie des Zeitwandels
Chichén Itzá (dpa) - Kimberley Kaplan sitzt seit vier Stunden vor dem Kukulcán-Tempel, um die neue Sonne schon am Vortag der Zeitenwende zu spüren.
Am Freitag will die in Peru lebende US-Amerikanerin sogar den ganzen Tag in der Ruinenstätte auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán ausharren und die positive Energie in sich aufnehmen, wenn die 13. Periode im Maya-Kalender endet und die neue Zeit beginnt. Von Angst vor dem Weltuntergang keine Spur.
Am Donnerstag ist es noch ruhig in Chichén Itzá, der Maya-Stätte mit ihrer großen Stufenpyramide. Nur der Klang einer Tun Kul, einer Trommel aus Bambusrohr, unterbricht die Stille. Rund 50 Männer in Lendenschurz führen einen rituellen Tanz auf. Sie weihen die vier Himmelsrichtungen, die von den Ecken Kukulcán-Pyramide angezeigt werden. „Für uns geht es um den Wandel in eine neue Zeit, der Kalenderwechsel bedeutet keinen Tod“, sagt Cen Dzul, Chef der mit großen bunten Federn geschmückten Tänzer.
Am Freitag soll es voll werden in Chichén Itzá, über 5000 Besucher werden erwartet. So mancher wird auf den Weltuntergang warten, die meisten aber wohl eher den von den Maya prophezeiten Beginn einer neuen Ära miterleben wollen.
Die Verwalter der archäologischen Stätte haben zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen, um die Anlage zu schützen. Schon seit 2006 dürfen Besucher nicht mehr auf die Kukulcán-Pyramide steigen. Kimberley Kaplan respektiert dies und bleibt vor dem Tempel des Donnergottes sitzen.
„Schade, sehr schade, woanders kann man auf die Pyramiden steigen, hier ist alles geschlossen“, klagt dagegen ein deutscher Tourist, der mit seiner Frau schon mehrere archäologische Stätten in Mexiko besucht hat. Das Paar aus Stuttgart ist extra einen Tag vor dem 21. Dezember nach Chichén Itzá gereist, um dem erwarteten Massenandrang zu entgehen. „Und wenn dann die Welt untergeht, sind wir dabei nicht mehr in erster Reihe“, erklärt er. Seine Frau lacht.
„Menschen, die wirklich an einen Weltuntergang glauben, können unberechenbar handeln“, warnt eine Mitarbeiterin des mexikanischen Anthropologischen Instituts. Eine junge Berlinerin nimmt die apokalyptischen Warnungen mit Gelassenheit. „Ich hoffe mal, dass nichts passiert“, sagt sie. Und wenn doch? „Da liegen wir am Strand und lassen uns zumindest noch die Sonne auf dem Bauch scheinen.“