Iran feiert Unruhen als „islamisches Erwachen“

Teheran (dpa) - Der Iran feiert die Unruhen in den arabischen Ländern als Beginn eines islamischen Zeitalters im Nahen Osten: „Die Proteste in Ägypten und anderen arabischen Ländern sind eine Welle des islamischen Erwachens“, sagte Außenministeriumssprecher Ramin Mehmanparast.

Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani fügte hinzu, dass dieses Erwachen „von der iranischen Revolution inspiriert“ sei. Auch die staatliche Nachrichtenagentur IRNA vergleicht den Volksaufstand in Ägypten mit der islamischen Revolution im Jahre 1979: „Die Revolution im Iran wiederholt sich in Ägypten“, schreibt die IRNA in einem Online-Leitartikel. Und der religiöse Führer Ajatollah Ali Chamenei erklärte: „Es bestehen keine Zweifel, dass der Islam die neue politische Achse des Nahen Ostens sein wird.“

Zumindest in Ägypten, Tunesien und Jordanien könnten ein Regimewechsel oder eine neue politische Konstellation dem Iran tatsächlich nutzen. Denn keines der drei arabischen Länder hatte Vertrauen zur Führung in Teheran. Besonders Ägyptens Präsident Husni Mubarak hatte alle iranischen Bemühungen zur Verbesserung der Beziehungen stets abgelehnt und den Iran damit immer wieder verärgert.

„Der Iran sieht den islamischen Faktor und daher die iranische Inspiration für die Unruhen, aber das ist ein Fehler und eher Wunschdenken“, sagte ein arabischer Diplomat in Teheran. „Die Unruhen haben eine nationalistische Natur und fast jeder protestiert für sein Land, nicht für die Religion,“ so der Diplomat. Außerdem gibt es bei Arabern eine historische Antipathie gegenüber Persern und umgekehrt vielleicht noch mehr. Politische Konzessionen in den letzten Jahren haben nie zu einer besseren Völkerverständigung geführt. „Da braucht man nur ein Fußballspiel Irans gegen eine arabische Mannschaft zu verfolgen, um diese beidseitige Antipathie hautnah zu erleben“, so ein iranischer Journalist.

Auch andere Beobachter in Teheran bewerten die iranische Rolle als nicht prägend. Denn auch wenn die Unruhen von Islamisten in Ägypten befeuert würden, wäre dies nicht unbedingt ein politischer Pluspunkt für den Iran. Nach über drei Jahrzehnten, hat der Iran derzeit weitaus bessere Beziehungen zu sozialistischen Ländern wie Russland, China, Venezuela oder Bolivien als zu großen islamischen Staaten wie Ägypten oder Saudi Arabien, so die Beobachter. „Auch beim islamischen Nachbarn Türkei, wo sogar eine religiöse Regierung an der Macht ist, sind die relativ guten Beziehungen strategisch und politisch bedingt und hat nichts mit Islam zu tun“, sagte ein türkischer Journalist.

Dennoch hofft Teheran, dass ein Umsturz in Ägypten das Machtgefüge im Nahen Osten verändern wird - zum Vorteil des Iran und zum Nachteil des Westens, insbesondere der USA. Am wichtigsten wäre für Teheran jedoch, dass sich mit dem Sturz Mubaraks auch die Politik der arabischen Welt gegenüber dem Erzfeind Israel ändern könnte. „Ein neuer Anti-Israel-Block im Nahen Osten würden dem Iran sicherlich nutzen, denn gerade wegen seiner anti-israelischen Haltung steht der Iran ja konstant international in der Kritik. Daher kann jede Änderung diesbezüglich dem Iran nur gut tun“, sagte ein Politologe in Teheran.