Hintergrund: Ägyptens Regimepartei NDP

Kairo (dpa) - Ägyptens National-Demokratische Partei (NDP) wurde im Juli 1978 vom früheren ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat als Regierungspartei in einem halb pluralistischen System gegründet.

Nach der Ermordung Sadats 1981 übernahm sein Nachfolger Husni Mubarak neben der Präsidentschaft auch die Führung der NDP. Seit ihrer Gründung kontrollierte sie nie weniger als drei Viertel der Parlamentssitze.

Die Sammelpartei hat eine nur vage ideologische Orientierung, in der rhetorische Floskeln über soziale Gerechtigkeit und Marktreformen unverbindlich nebeneinanderstehen. In den fast 30 Jahren der Herrschaft Mubaraks haben aber auch undurchsichtige Geflechte von Geschäftsinteressen die Partei durchzogen. Vom Regime begünstigte, oft korrupte Industrielle und Unternehmer nutzen sie als Vehikel für die Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Ziele.

Parlamentssitze auf dem NDP-Ticket spielen eine wichtige Rolle bei der politischen Absicherung persönlicher wirtschaftlicher Interessen. Helfer, Claqueure und Schläger werden gerufen, wenn es darum geht, aussichtsreiche Oppositionskandidaten auszuschalten. Diese Elemente werden aus den verarmten Volksschichten rekrutiert, die für wenig Geld bereit sind, Parolen zu schreien oder politische Gegner zu verprügeln. Sehr undurchsichtig ist dabei auch die Rolle des Innenministeriums und des Geheimdienstes.

Die NDP hat mit Demokratie wenig im Sinn. Das parteiinterne Komitee für politische Parteien, das von Mubarak selbst angeführt wird, entscheidet darüber, ob andere Parteien überhaupt legal tätig werden dürfen. In den 20 Jahren seines Bestehens wurden von diesem Gremium gerade einmal zwei kleinere Oppositionsparteien zugelassen. Zehn weitere Gruppierungen schafften ihre Legalisierung über den Gerichtsweg. Keine der großen politischen Vereinigungen - wie etwa die islamistische Muslimbruderschaft - ist darunter.

Die Machtpartei NDP ist insgesamt eine Konglomeratpartei, in der sich neben den Geschäftsleuten und Schlägern auch Beamte, Angestellte von Regierungsbehörden, und Menschen mit Bindungen an den Sicherheitsapparat tummeln. Trotz ihres offensichtlich undemokratischen Charakters war sie seit 1989 Mitglied der Sozialistischen Internationale (SI). Aus dem Welt-Klub der Sozialdemokraten wurde sie erst am Montag, unter dem Eindruck der jüngsten Ausschreitungen gegen Regierungsgegner, verstoßen.

„Die Anwendung von Gewalt, mit einer großen Zahl von Toten und Verletzten, ist mit Politik und Prinzipien jedweder sozialdemokratischen Partei an jedem Ort der Welt völlig unvereinbar“, schrieb SI-Generalsekretär Luis Ayala in dem Brief, in dem der Parteienbund den Ausschluss der NDP begründete.