Joachim Löw: „Sieg wird uns auch Sicherheit geben“

Lwiw (dpa) - Fragen an Bundestrainer Joachim Löw nach dem 1:0-Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zum EM-Start gegen Portugal.

Wie beurteilen Sie den EM-Auftakt Ihrer Mannschaft?

Löw: „Das Spiel war von der Taktik geprägt, beide haben gut verteidigt. Klar hätten wir ein paar Angriffe besser durchspielen können. Wir müssen noch zielstrebiger werden, uns noch mehr Chancen herausarbeiten. Das wird uns auch gelingen. Das Turnier hat jetzt begonnen.“

Wie erklären Sie die Nervosität?

Löw: „Der Start ist ein bisschen wie bei der Formel 1, nur ohne Warm-up-Runde. Man geht sofort in die Vollen, muss sofort bereit sein. Es gibt keine Mannschaft wie bei der WM, wo man sich ein bisschen einspielen kann. Daher ist es wichtig, dass man der Musik nicht hinterherläuft. Man hat gespürt, beide Mannschaften waren etwas angespannt, auch nach dem Ergebnis der Niederlande gegen Dänemark. Der Verlierer hat gleich eine K.o.-Situation vor sich.“

War es auch der große Druck, den sich das Team selbst auferlegt hat?

Löw: „Beide Mannschaften hatten ja Druck. Man will keinen groben Schnitzer machen, weil man weiß, was Ronaldo und Nani können: Ein Pass - ein Tor. Das haben wir der Mannschaft mehrmals vor Augen geführt. Es war klar, nicht immer den Risikopass zu suchen, stabil zu sein, nicht fahrlässig zu werden. Entscheidend war der Erfolg. Die Mannschaft hat gefightet. Der Sieg wird uns auch Sicherheit geben im Spiel nach vorn.“

Warum haben Sie sich für Mats Hummels in der Startelf entschieden und nicht für Per Mertesacker?

Löw: „Mats Hummels kam mit Rückenwind aus der Meisterschaft, mit guten Leistungen und vor allem mit Spielpraxis. Per Mertesacker war einige Monate ohne Wettkampf. Die Leistung der Abwehr, auch von Jérome Boateng, war sehr gut. Überwiegend hat er Cristiano Ronaldo gut im Griff gehabt. Alle waren sehr präsent in den Zweikämpfen, sehr aufmerksam. Keine Bälle sind in den Rücken gespielt worden.“

Zweite Überraschung in der ersten Elf war Gomez statt Klose?

Löw: „Das stand schon zwei, drei Tage vorher fest. Miro fehlen zum jetzigen Zeitpunkt noch ein paar Prozent. Er hat wie Per Mertesacker großartig gearbeitet. Aber Gomez hat das ganze Jahr gespielt und viele Tore gemacht. Er ist ein anderer Typ. Das spricht für seine Qualität: Eine Chance - ein Tor!“

Aber Sie wollten Klose schon für Gomez einwechseln?

Löw: „Ich muss mit dem vierten Schiedsrichter nochmal hart ins Gericht gehen. Wir wollten schon zwei Minuten früher auswechseln. Aber er hat so lange gebraucht, das anzuzeigen. In solchen intensiven Spielen ist manchmal die Zeit reif, um frische Leute zu bringen. Mario Gomez hat viel gearbeitet, sollte Pepe ständig unter Druck setzen. Er hat das Tor gemacht, dann haben wir noch ein bisschen gewartet.“

Wie sehen Sie die Situation jetzt nach der Niederlage der Holländer?

Löw: „Es wäre mir lieber, es wäre noch ein Unentschieden geworden. Die Niederländer stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand, sie müssen ein Alles-oder-nichts-Spiel machen. Das macht die Partie nochmal ein Stück brisanter. Es ist für mich unverständlich, dass bei so wahnsinnig vielen Chancen null Tore rauskommen.“

Bastian Schweinsteiger hat anders als Mertesacker und Klose von Beginn an gespielt. Wie sehen Sie seinen Auftritt?

Löw: „Bastian hat zuletzt in der Endphase der Saison schon viel gespielt, zuletzt 120 Minuten im Champions-League-Finale. Es war extrem wichtig, dass er auf dem Platz war. Bastian war als Organisator mit Sami Khedira präsent in Mittelfeld. Sie haben das Spiel im Griff gehabt, beide waren stark.“