Jupp Heynckes: „Unser Weg ist noch nicht zu Ende“
London (dpa) - Fragen an Bayern Münchens Trainer Jupp Heynckes nach dem 2:1-Finalsieg gegen Borussia Dortmund in der Champions League.
Wie beurteilen Sie diesen langersehnten Erfolg ihrer Mannschaft?
Heynckes: „Was wir in dieser Saison bislang erreicht haben, unser Weg ist ja noch nicht zu Ende, ist außergewöhnlich. Heute hat man gesehen, dass meine Mannschaft das Spiel unbedingt gewinnen wollte, weil es für die Generation Lahm/Schweinsteiger - meine zwei Kapitäne - an der Zeit ist, einen internationalen Titel zu gewinnen. Die Zeit wäre ihnen sonst weggelaufen. Sie haben in dieser Saison unter Beweis gestellt, Philipp Lahm zum Beispiel und auch Schweinsteiger, dass sie auf ihren Positionen vielleicht die besten Spieler der Welt sind.“
Das klingt wie eine Liebeserklärung an ihre Spieler.
Heynckes: „Ich freue mich besonders für den Club FC Bayern München, für meine Mannschaft, weil wir etwas geschaffen haben, was in dieser Form noch nie dagewesen ist. Wir haben vom Anfang der Saison an viele Dinge verbessert, modifiziert. Wir haben einen Teamgeist, ein Miteinander, das ich bei einer Mannschaft noch nie erlebt habe. Es sind 23 Topprofis, von denen jeder spielen kann und alle haben mitgezogen. Keiner ist ins Abseits geraten. Das ist Zeichen unseres Erfolgs, das Miteinander, das Kollektiv, dass sich die Spieler hervorragend verstehen.“
Das Spiel war kein Selbstläufer. Wie haben Sie es erlebt?
Heynckes: „Ich muss auch ein Kompliment an Borussia Dortmund machen, dass sie in der ersten Phase des Spiels sehr gut waren, ein gutes Pressing gespielt haben und dass es für uns ein schwieriges Spiel war. Manuel Neuer war in der ersten Phase des Spiels überragend. Aber wir haben peu á peu besser gespielt. Wir haben besser nach vorne gespielt und verdient gewonnen.“
Haben Sie auch Mitgefühl mit dem Gegner?
Heynckes: „Ich verstehe die Enttäuschung der Spieler, der Offiziellen, von Jürgen Klopp, wenn man ein Champions-League-Endspiel verliert. Aber ich denke in einer Laufbahn gibt es Höhepunkte, wunderbare Ereignisse, aber auch Enttäuschungen und da kann man auch Kraft draus schöpfen. Wir haben nach unserem verlorenen Endspiel im letzten Jahr nicht resigniert, ganz im Gegenteil. Wir haben noch eine Schippe zugelegt. Das Ergebnis sieht man heute.“
Sie gehören nun zu den wenigen Trainern, die die Champions League zweimal gewonnen haben.
Heynckes: „Das ist natürlich ein Höhepunkt in einer Trainerlaufbahn, wenn man die Champions League zum zweiten Mal gewinnt oder dreimal teilnimmt und dreimal ins Endspiel einzieht und zweimal gewinnt. Das ist sicher auch eine Leistung, die nicht selbstverständlich oder alltäglich ist.“
Arjen Robben würde am liebsten eine Woche durchfeiern.
Heynckes: „Heute können die Spieler die Sau raus lassen. Aber unser Weg ist noch nicht zu Ende. Wir wollen nach Berlin und wir wollen in Berlin das Pokalendspiel gewinnen. Danach können die Spieler alles machen. Aber vorher sollen die Spieler sich regenerieren und vorbereiten.“
Wie erklären Sie sich, dass Sie in der ganzen Saison keine Delle hatten?
Heynckes: „Eines ist auch klar. Wie wir in dieser Saison gespielt haben, das kommt nicht von selbst, weil wir wahnsinnig hart dafür gearbeitet haben, sehr intensiv in vielen Details. Heute sollen sie richtig loslassen und dann werden wir uns ab Dienstag auf das Pokalspiel vorbereiten, so dass wir auch da Erfolg haben.“
Arjen Robben war im letzten Jahr die tragische Figur und heute der große Held.
Heynckes: „Ich habe Arjen Robben in den letzten Wochen sehr intensiv erlebt, sehr bewusst trainierend, nicht überdrehend, sehr konzentriert, sehr fokussiert. Ich muss ehrlich sagen, ich freue mich für Arjen. Heute war er der Matchwinner. Er hat heute ein sehr gutes Spiel gemacht.“
Kann diese Mannschaft eine Ära prägen wie der FC Bayern der 70er Jahre?
Heynckes: „Ich übergebe an meinen Nachfolger eine perfekt funktionierende Mannschaft. Mario Götze kommt für die neue Saison und Robert Lewandowski wird auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Dann hat man noch zwei top Offensivspieler dazu. Es ist gut möglich, dass man mit gezielten Einkäufen eine neue Ära in Europa schaffen kann.“
Sie wirken noch immer reserviert. Wann bricht die Freude aus Ihnen heraus?
Heynckes: „Das ist nicht der Moment, in dem man reflektiert. Das macht man später im stillen Kämmerlein, wenn man nochmal Revue passieren lässt und die Momente intensiver erlebt. Ich bin nicht ein Mensch der ausflippt, weil wir die Champions League gewonnen haben.“