Vierschanzentournee Kamil Stoch: Zuhause Chaot, auf der Schanze Überflieger

Bischofshofen (dpa) - Die Gegensätze zwischen Sportler und Privatperson könnten kaum krasser sein als bei Kamil Stoch.

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Auf den Schanzen wirkt der Pole wie ein kompletter Sportler, bestens organisiert und auf das Wichtige fixiert. Er verfügt über einen starken Absprung, hat ein stabiles Flugsystem und kann auch weite Sprünge noch sicher und mit Telemark stehen. Privat sieht das nach eigener Aussage ganz anders aus. „Zuhause bin ich oft ein Chaot, ein Tollpatsch“, erzählt der 30-Jährige.

Dieser Tollpatsch aus Zakopane, dem polnischen Skisprung-Mekka, hat nun etwas geschafft, was in 66 Jahren Vierschanzentournee vor ihm erst einer vollbracht hat: Sven Hannawald im Januar 2002. Stoch ist Sieger von allen vier Springen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen. „Ich konzentriere mich nicht auf Rekorde. Ich versuche, mein Zeug zu erledigen und gute Sprünge zu machen“, erklärt der Doppel-Olympiasieger von Sotschi seine Erfolge.

Der Mann, der sich neben Skispringen auch für Radfahren und Fußball begeistert, hat diese Tournee mit einer Dominanz gewonnen, wie es seit seinem Landsmann Adam Malysz vor 17 Jahren keiner mehr geschafft hat. „Ich möchte mich nur auf meine Arbeit konzentrieren“, betonte Stoch während dieser Tournee stets.

Im Skisprung-Sport hat der 30-Jährige nun fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Neben zwei Olympiasiegen zweimal die Tournee, auch Weltmeister im Einzel und im Team sowie Gesamtweltcupsieger war er schon. Maßgeblichen Anteil an seinem Erfolg hat Trainer Stefan Horngacher, der frühere Assistent von Bundestrainer Werner Schuster. „Kamil ist mit allen Wassern gewaschen“, beschreibt DSV-Coach Schuster den polnischen Rivalen.

Der Österreicher Horngacher übernahm die Polen vor knapp zwei Jahren und holte Stoch aus seinem sportlichen Tief, indem er ihn nicht nur sportlich wieder in die Spur brachte, sondern ihm auch lehrte, nicht ständig mit sich zu hadern. An die Erfolge seines Vorgängers Malysz, mittlerweile als Sportdirektor in Polens Team dabei, reicht er längst heran. Der Titel als Skiflug-Weltmeister, der in zwei Wochen in Oberstdorf ausgeflogen wird, ist der letzte große, der Stoch jetzt noch fehlt.

Die Basis für seinen Erfolg findet Polens Top-Skispringer, der spätestens nach dem verletzungsbedingten Ausfall seines Rivalen Richard Freitag konkurrenzlos die Tournee beherrschte, bei seiner Familie. Seine Frau Ewa Bilan-Stoch, die er 2010 heiratete, charakterisiert ihren Kamil als „einfühlsamen und tollen Menschen.“ Stoch selbst sagt: „Ich bin ein erfüllter Mensch. Ich habe sportlichen Erfolg, aber der größte Erfolg meines Lebens ist mein privates Glück.“ Wenn er nicht von Schanzen springt, hilft er seiner Frau auch gerne im Haushalt.

Mit neun Jahren sprang der zweimalige Tournee-Sieger erstmals von der Schanze, drei Jahre später trug es ihn auf seiner Heimschanze in Zakopane schon 128 Meter weit. „Luft ist mein zweites Wesen“, sagt Stoch, der seinen Beruf und seine Hobbys stets mit großem Ehrgeiz und Leidenschaft ausübt. In seiner Freizeit begeistert er sich neben dem Fliegen auch für Autos und Musik. Stoch besitzt sogar ein eigenes DJ-Set. Auch auf den Schanzen in Deutschland und Österreich hat er den Ton in den vergangenen zwei Wochen deutlich lauter gedreht.