Dreikönigstreffen Die FDP und die Frische im Kopf

Stuttgart (dpa) - Soweit ist es nun doch noch nicht, dass sich FDP-Vize Wolfgang Kubicki schützend vor seinen erklärten Freund, Parteichef Christian Lindner, werfen muss. „Wer Christian Lindner stürzen wollte, müsste erst mich wegräumen“, sagte er dem „Focus“.

Foto: dpa

Der Treueschwur zwischen beiden gelte auch die nächsten vier Jahre: „Weil wir uns beide versprochen haben, die FDP bundesweit dauerhaft über zehn Prozent zu etablieren.“ Ob er mit diesem „Heldenmut“ seinem „Freund“ einen Gefallen tut, ist zweifelhaft. Kubicki ist der einzige in Leitungsfunktion, den Lindner nicht immer einfangen kann.

Nein, Christian Lindner muss nach diesem fulminanten Wahljahr 2017 nun wirklich nicht fürchten, dass ihn jemand - wie früher in der FDP nicht unüblich - politisch meucheln wollte. Die FDP steht zum traditionellen Dreikönigstreffen 2018 so gut da wie seit zehn Jahren nicht mehr. Selbst im Dezember, dem Monat nach dem Jamaika-Aus, seien nochmals 1200 Menschen in die FDP eingetreten, erzählt Lindner. Man zähle jetzt gut 63.000 Mitglieder und sei kurz davor, die Grünen zu überholen. Und seit Ende November habe es auch nochmals einen Schub bei den Spenden gegeben. Lindner spricht vom „Allzeitspendenrekord“.

Eines dieser Neumitglieder ist Fabian Lober aus dem hohenlohischen Künzelsau. Der 31-Jährige hat einen mittelständischen, sieben Mann großen Betrieb in der Kälte- und Klimabranche - „die Branche, die die meisten Fachkräfte sucht“, wie Lober sagt. Er ist das erste Mal bei diesem Traditionstreffen. Vor einem halben Jahr - in der heißen Wahlkampfphase - sei er in die FDP eingetreten, weil ihm „die junge Wirtschaft“, die innovativen jungen Unternehmen zu kurz kämen.

Lober - seine Eltern sind CDU-Anhänger, wie er sagt - fühlte sich offenbar von Lindner und seiner jungen FDP angesprochen. „Eine neue Generation Deutschland“, prangt am Dreikönigstag auf der Frontwand in der Stuttgarter Staatsoper, gelb-blau-magenta unterlegt. Nur eine neue, innovative Politik und Wirtschaft seien in der Lage, den Wohlstand des Landes zu erhalten, warnt Lindner. Die Wachstumsdividende der Reformen des SPD-Kanzlers Gerhard Schröder sei nach 15 Jahren endgültig aufgebraucht. Und FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sagte beschwörend, die Menschen bräuchten eine neue Lebensperspektive.

Das schien nun doch ein bisschen zu viel Spiel mit Zukunftsängsten vieler Älterer und ihren Sorgen vor einem sozialen Abstieg. Schließlich ist die FDP auch nicht gerade die jüngste Partei. Lindner beeilt sich denn auch klarzustellen, dass nicht das Lebensalter eines Menschen ausschlaggebend sei, sondern das Alter - beziehungsweise die Frische - seiner Ideen.

Und das treffe eben auch auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu. Ihre „Ambitionslosigkeit“ lähme das Land regelrecht - im Gegensatz zum Kampfgeist und Reformwillen eines Emmanuel Macron in Frankreich. Mit Interesse habe er die Aussage des Grünen-Spitzenpolitikers Robert Habeck zur Kenntnis genommen, der das Scheitern von Jamaika auch an der mangelnden Autorität Merkels in ihrer eigenen Partei festmache.

Mit einer Portion Genugtuung dürfte Lindner beobachten, wie nervös man in der CDU nun unbedingt versucht, dass es doch noch mit der SPD klappt, um eine Minderheitsregierung zu vermeiden. Wenn es nicht klappen sollte mit der SPD, sitzt Merkel auf einem wackligen Stuhl, da dürfte sich auch die Kanzlerin keinen Illusionen hingeben.

Doch vorerst beginnt für die FDP die Oppositionsarbeit. In diesem Zusammenhang griff Lindner auf den Vorwurf auf, er pflege als FDP-Vorsitzender einen autoritären Führungsstil. Es könnte doch einfach nicht sein, dass alle einer Meinung seien und in die gleiche Richtung wollten, erwiderter Lindner kokettierend unter großem Applaus. Im übrigen gebe es Fraktionsvize, die alle eine Ressortzuständigkeit hätten und eigenständig agieren könnten.

In der Opposition wird sich auch noch zeigen, wie schwierig sich der Umgang mit einer AfD gestaltet, die drittstärkste Kraft im Parlament ist. Seit drei Jahren lotet Lindner nun schon aus, wie er mit der AfD umgehen soll: ignorieren, attackieren, abgrenzen? Auch mit Blick auf die Landtagswahlen in Hessen und Bayern im kommenden Herbst hat er sich offensichtlich entschlossen, die Liberalen scharf gegen die Rechtskonservativen abzugrenzen, aber ein Türchen offenzuhalten für deren Protestwählerpotenzial, von dem ein Teil durchaus mit liberalen Positionen liebäugelt.

Die Warnung von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vom sozialliberalen Freiburger Kreis vor einem Rechtsruck der Partei sei ausgeräumt. Gut, er habe den Beitrag der Ex-Bundesjustizministerin nicht unbedingt gebraucht, räumt Lindner ein. Aber man habe miteinander geredet und festgestellt, dass man eigentlich auf einer Linie liege. War da was?