Karlsruhe verhandelt Grünen-Klage zu EU-Fragen

Karlsruhe (dpa) - Die Grünen wollen von der Bundesregierung besser über geplante Maßnahmen in der Euro-Krise informiert werden. Doch bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht zeigten sich die Richter noch unschlüssig.

Wie viel darf die Regierung für sich behalten, um laufende Verhandlungen mit anderen Staaten nicht zu gefährden? Ein Urteil wird wahrscheinlich Anfang kommenden Jahres verkündet.

„Die Anbauten am europäischen Haus dürfen nicht zu einem Schwarzbau werden, über den in der Dunkelheit von Hinterzimmern verhandelt wird“, sagte der Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, in Karlsruhe. Die Grünen meinen, dass die Regierung den Bundestag bei den Verhandlungen über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM nicht rechtzeitig und ausreichend informiert habe, ebenso bei den Plänen der Bundesregierung zu einer verstärkten wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit, dem sogenannten Euro-Plus-Pakt.

Dabei handele es sich nicht um einen Einzelfall, betonte Beck. So hätten die Parlamentarier einen neuen Entwurf zum ESM nur von ihren österreichischen Kollegen bekommen. Wenn der Bundestag nicht frühzeitig einbezogen werde, bliebe am Ende der Verhandlungen nur ein „Friss oder stirb“.

Die Bundesregierung argumentierte dagegen, ohne Vertraulichkeit seien Verhandlungen auf internationaler Ebene nicht möglich. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle zeigte dafür Verständnis: „Es gehört zu einer guten Verhandlung, nicht alle Karten sofort auf den Tisch zu legen.“ Es gehe darum, so Voßkuhle, einen Ausgleich zu finden zwischen der Mitwirkung des Parlaments und der Notwendigkeit, effektiv zu verhandeln.

Nach Artikel 23 Absatz 2 Grundgesetz muss die Bundesregierung Bundestag und Bundesrat in Angelegenheiten der Europäischen Union „umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ unterrichten. Es ist allerdings schon umstritten, ob es sich bei Euro-Rettungsmaßnahmen in diesem Sinne um EU-Angelegenheiten handelt - schließlich, so die Vertreter der Bundesregierung, sei über den ESM-Vertrag direkt zwischen den Regierungen verhandelt worden, und zwar bewusst außerhalb der EU-Institutionen.

Das allerdings wollte der Grünen-Rechtspolitiker Jerzy Montag nicht gelten lassen: „Wie sollen wir vor die Bevölkerung treten und sagen: Es ging um die Rettung des Euro, aber wir durften nicht mitwirken, denn es war keine Angelegenheit der EU? Bitte ersparen Sie uns das“, appellierte Montag an die Richter des Zweiten Senats.