Kurzporträts der Spitzenkandidaten
Schwerin (dpa) - Zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern schicken 16 Parteien und Wählervereinigungen Kandidaten ins Rennen um die 71 Landtagsmandate. Die Spitzenkandidaten der größeren Parteien:
Erwin Sellering (SPD)
Als parteipolitischer Spätstarter hat Erwin Sellering (61) zügig Karriere gemacht, die ihn 2008 bis in das Amt des Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern führte. Der 1949 in Sprockhövel bei Bochum geborene Jurist trat erst 1994 - nach seinem Wechsel als Richter von Gelsenkirchen nach Greifswald - in die SPD ein. Zwei Jahre später wurde er in den Landesvorstand gewählt, 2007 zum Landesvorsitzenden. Sellering, der vor seiner Wahl zum Regierungschef schon Justiz- und Sozialminister war, gilt als Pragmatiker. Er führt seit knapp drei Jahren die von seinem Vorgänger Harald Ringstorff gebildete SPD/CDU-Regierung, hält sich aber auch eine Neuauflage von Rot-Rot offen. Wichtig sind ihm solide Finanzen, die Energiewende sieht er als große Chance für das Land. Sellering ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater zweier erwachsener Töchter.
Lorenz Caffier (CDU)
Der politische Umbruch 1989 hat den Pastorensohn und Diplom- Landtechniker Lorenz Caffier (56) in die Politik gespült. Er gehörte für die DDR-CDU noch kurz der frei gewählten Volkskammer an und zählt zu den wenigen Politiker, die schon seit 1990 im Landtag sitzen. Bevor er 2006 zum Innenminister berufen wurde, war er 16 Jahre lang Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Als Schatzmeister und später als Generalsekretär war er emsiger Parteiarbeiter, ehe ihn die Landes-CDU 2009 zum Vorsitzenden und damit zu ihrem Hoffnungsträger wählte. Seit 1994 wartet die Union im Nordosten bei Landtagswahlen auf einen Sieg. Die Verantwortung für die umstrittene Kreisreform und eine eher verunglückte Plakatkampagne zum Wahlkampfauftakt machen es aber auch für Caffier schwer. Der gebürtige Dresdner lebt seit vielen Jahren in Neustrelitz, er ist verheiratet und hat vier Kinder.
Helmut Holter (Linke)
Helmut Holter (58) gilt das Aushängeschild der Linken Mecklenburg-Vorpommerns und soll sie zurück in die Regierungsverantwortung führen. Der in Moskau geschulte ehemalige Mitarbeiter der SED-Bezirksleitung Neubrandenburg hatte die Nachfolgepartei PDS regierungsfähig gemacht. 1998 wurde in Schwerin die bundesweit erste rot-rote Landesregierung gebildet. Acht Jahre lang war Holter Arbeitsminister, bei Gewerkschaften wie Arbeitgebern geachtet. Für seinen Kurs hat er in der Landespartei heute breite Rückendeckung, Kritiker wurden an den Rand gedrängt. Holter gilt als Pragmatiker, der zu radikalen Forderungen aus der Bundespartei auf Distanz bleibt, und damit weiter potenzieller Partner für die SPD ist. Mit ihr strebt er einen „Politikwechsel“ an. Der studierte Betonbauingenieur stammt aus Ludwigslust, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
Gino Leonhard (FDP)
In der krisengeschüttelten FDP fällt Gino Leonhard (38) die Herkulesaufgabe zu, die Liberalen bei der Landtagswahl über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven. Von ihrem Spitzenergebnis 2006, als die FDP mit 9,6 Prozent eine glanzvolle Rückkehr ins Parlament feierte, scheint die Partei weit entfernt. Der frühere Schiffsmechaniker muss dabei nicht nur gegen das derzeit schlechte Image der FDP ankämpfen, er ist den Wählern auch weitgehend unbekannt. Zwar machte Leonhard schon mit 24 als Bürgermeister auf Hiddensee erste politische Erfahrungen, als Landtagsabgeordneter aber blieb er blass. Nur weil die zerstrittene Landes-FDP dem bisherigen Fraktionschef Michael Roolf die Zustimmung versagte, rückte er von Platz zwei auf den Spitzenplatz der Landesliste vor. Leonhard ist verheiratet und hat eine Tochter. Er lebt auf Rügen, wo er auch geboren wurde.
Silke Gajek/Jürgen Suhr (Grüne)
Die Grünen treten traditionell mit einer Doppelspitze zur Wahl an. Silke Gajek (49) steht dabei in der Tradition der DDR-Bürgerrechtler und Pazifisten. Jürgen Suhr (51), in jungen Jahren Mitglied der FDP, ist im Westen groß geworden und eher den pragmatischen Öko-Intellektuellen zuzuordnen. Beide wollen schaffen, was all ihren Vorgängern misslang: die Grünen auch in Mecklenburg- Vorpommern in den Landtag zu bringen. Doch auf den Sog der Bundespartei wollen sich die Nordost-Grünen nicht verlassen. Als Geschäftsführerin einer Selbsthilfekontaktstelle bringt Gajek vor allem soziale Fragen in die Debatte. Suhr fordert mehr Tempo beim Umsatteln auf erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne und profiliert sich als Kritiker des Atommüll-Zwischenlagers Lubmin bei Greifswald. Die Schwerinerin Gajek ist verheiratet und hat einen Sohn. Suhr lebt mit Frau und drei Kindern in Stralsund.
Udo Pastörs (NPD)
Udo Pastörs (58) beherrscht die Inszenierung und die Klaviatur des Tonfalls: Im Gespräch mit dem Bürger gibt sich der gelernte Uhrmacher und frühere Goldhändler weltgewandt und verständnisvoll, seine rechte Ideologie geschickt verpackt. Vor Gesinnungsgenossen werden die Worte lauter und deutlicher. Ein Auftritt im Saarland brachte dem am Niederrhein geborenen und seit gut zehn Jahren mit seiner Frau im westmecklenburgischen Lübtheen lebenden Rechtsextremisten eine Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung ein. Für Attacken gegen die parlamentarische Demokratie und Verbalangriffe gegen Ausländer oder die europäische Nachkriegsordnung erhielt der frühere Zeitsoldat im Landtag die mit Abstand meisten Ordnungsrufe. Wie 2006 will Pastörs die rechtsextreme NPD erneut in den Landtag führen, rechte Kameradschaften sollen dabei helfen.