Lage der Erdbebenopfer bessert sich nur langsam
Tokio (dpa) - Essen, Benzin und Medikamente fehlen weiter: Auch eine Woche nach der schweren Naturkatastrophe in Japan warten viele der 380 000 Opfer immer noch auf Hilfe.
Weil es zu wenige Transportfahrzeuge gibt, bleibt die Versorgung der abgelegenen Krisengebiete schwierig, wie die Agentur Kyodo am Freitag meldete. Bei winterlichen Temperaturen litten vor allem Ältere und Kranke in den oft ungeheizten Notunterkünften. Mehr als 20 Menschen starben bereits - wohl auch wegen der Eiseskälte in der Region.
Während in manchen Orten die Aufräumarbeiten nach dem Erdbeben und Tsunami überhaupt erst begannen, normalisierte sich in den weniger betroffenen Regionen das Leben langsam.
Mit einer Schweigeminute erinnerten Opfer und Helfer in den Katastrophen-Regionen Miyagi, Iwate und Fukushima um 14.46 Uhr (Ortszeit) an das erste Beben vor genau einer Woche. Die darauffolgende Flutwelle riss an der Pazifikküste im Nordosten des Industrielandes Tausende Menschen in den Tod.
Die Zahl der vermuteten Todesopfer, zu denen auch die Vermissten gezählt werden, stieg am Freitag auf über 16 000. Bislang sind 6911 Tote registriert. Damit kamen bei der jüngsten Naturkatastrophe mehr Menschen ums Leben als bei dem Beben in der japanischen Hafenstadt Kobe. Dort starben im Jahr 1995 insgesamt 6434 Menschen.
Die Zahl der derzeit noch vermissten Personen wurde zuletzt mit 10259 angegeben. Die Hoffnung, in den Trümmern noch Lebende zu finden, war bereits in den vergangenen Tagen aufgegeben worden. Den verzweifelten Angehörigen bleibt nur die schwache Hoffnung, dass sich ihre vermissten Verwandten oder Freunde noch nicht bei den Behörden melden konnten.
Die 90 000 professionellen Helfer von Polizei, Armee und Rettungsdiensten werden von einem riesigen Heer an Freiwilligen unterstützt. Überall bieten die Menschen ihre Hilfe an. Auf den Straßen entstehen Suppenküchen. In Turnhallen, Gemeindesälen und Schulen kümmern sich Männer und Frauen um Bedürftige.
„Wir haben sehr viel Kraft erhalten durch unsere Nachbarn, darunter auch ältere Menschen“, schilderte die Leiterin eines Kinderheims, Caelina Mauer, in einem Telefonat der dpa. „Und wir haben wiederum diese Nachbarn mit Essen versorgt.“ Das 150 Kilometer von Fukushima entfernte Heim war durch das Beben schwer beschädigt worden. Die 60 Kinder mussten vorübergehend in einer Turnhalle leben.
„Stark betroffen sind in den Notunterkünften die chronisch kranken Menschen - und das sind oft die Älteren“, sagte der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen, Frank Dörner, der dpa. Die Hilfsorganisation sei mit zwölf Experten in kleinen Teams von drei bis vier Personen in den betroffenen Gebieten unterwegs. „Sie versuchen zu Menschen vorzudringen, die bislang noch keine Hilfe erhalten haben.“
Einige Regionen im japanischen Nordosten kehren langsam zur Normalität zurück. In einer Einkaufsstraße in Sendai öffneten zum Beispiel fast alle Geschäfte wieder, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Auch Läden in Tome boten den Kunden das Nötigste, nachdem die Stromversorgung wieder aufgebaut worden war.
Zerstörte Straßen, Flughäfen und Häfen sind wieder soweit intakt, dass Rettungskräfte in die Katastrophengebiete vordringen, sowie Flugzeuge und Helikopter starten und landen können.
Die Naturgewalten zerstörten nach Angaben der Regierung fast 12 000 Häuser und Hunderte Straßen. Infolge der Katastrophe seien zudem knapp 270 Feuer ausgebrochen.
Die Behörden forderten Flüchtlinge in der Provinz Miyagi auf, in die benachbarten Präfekturen auszuweichen. Grund sei der akute Platzmangel in den Notunterkünften. In Fukushima südlich von Miyagi sind ebenfalls viele Lager überfüllt. Menschen suchen deshalb auch in angrenzenden Präfekturen Schutz. Landesweit gibt es derzeit 2200 Unterkünfte für die Katastrophenopfer.
Die Infrastruktur wird im Nordosten zwar schrittweise wiederhergestellt. Allerdings ist das Benzin immer noch sehr knapp. Die Präfektur-Regierung von Miyagi gestattete deshalb, dass Opfer auch ohne Verbrennung bestattet werden dürfen. Die Politiker beschlossen zudem, fast 50 Millionen Euro aus ihren Finanzreserven zu nehmen, um den Treibstoffbedarf der Armee zu finanzieren. Diese bringt seit Tagen unter anderem Hilfsgüter zu den Bedürftigen.