Lahm schwächelt, Schweinsteiger überzeugt
Fortaleza (dpa) - Mit Kapitän Lahm wollte Bundestrainer Löw die Probleme im Mittelfeld lösen. Doch der Alleskönner tut sich schwer, verschuldet gegen Ghana sogar ein Gegentor. Auch Khedira stößt an seine Grenzen und ist verletzt.
Teilzeitkraft Schweinsteiger wittert wieder Morgenluft.
Der Kapitän schwächelt in seiner neuen Rolle, für seinen Vize Bastian Schweinsteiger könnte die WM jetzt richtig losgehen. Als Außenverteidiger war Führungskraft Philipp Lahm bei jedem Turnier seit 2004 eine Bank im Nationaltrikot - in Brasilien fremdelt der Kapitän in seiner neuen Mittelfeldaufgabe. Beim 4:0 gegen Portugal waren einige ungewohnte Fehler des 30 Jahre alten Münchners noch ungestraft geblieben, beim 2:2 gegen Ghana aber führte ein böser Fehlpass von Lahm zum 1:2-Rückstand. „Ballverlust, schnell umgeschaltet, Pass in die Tiefe, Gegentor“, beschrieb der Kapitän im Telegrammstil die ärgerliche Situation.
Die Führung der starken Ghanaer erlebte Schweinsteiger kurz vor seiner Einwechslung an der Seitenlinie. Der zur „Spezialkraft“ auf der Ersatzbank zurückgestufte Vize-Kapitän haute sich in seinen ersten 20 Minuten bei diesem Turnier rein und brachte „einige frische Impulse“ ins Spiel, lobte Bundestrainer Joachim Löw. Nun wittert der 103-malige Nationalspieler seine Chance, zumal sich Sami Khedira eine Innenbandzerrung im linken Knie zugezogen hat - Einsatz am Donnerstag im Gruppenendspiel gegen die USA mit Jürgen Klinsmann gefährdet.
Lahm, Khedira, Kroos - das Mittelfeld-Trio im neuen 4-3-3-System der Fußball-Nationalmannschaft funktionierte und harmonierte in der Hitze von Fortaleza nicht. „Vor fünf Tagen war alles gut. Mal läuft es besser, mal schlechter. Es ist kein generelles Problem“, beschwichtigte Lahm.
Löw hat seinen Kapitän bei der WM ins Mittelfeld verschoben, um dort die Probleme zu beheben, die durch die Fitnessdefizite und die fehlende Topform der Führungskräfte Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger sowie dem WM-Ausfall des Dortmunders Ilkay Gündogan entstanden sind. Doch dem vermeintlichen Alleskönner Lahm ist das in Brasilien bislang nicht gelungen.
Auch der Bundestrainer staunte über seinen Mister Zuverlässig. „Philipp passieren normalerweise sehr wenige Fehler, heute war es zwei-, dreimal so“, sagte Löw, nahm seinen Kapitän aber umgehend in Schutz: „Mit dem Platz hatten gerade die technisch guten Spieler das eine oder andere Problem - schon beim Training.“
Der Champions-League-Sieger war bei dem hohen Tempo und den klimatischen Bedingungen „körperlich ein bisschen an die Grenzen“, gestoßen, wie Löw eingestand. Die lange Pause nach dem Kreuzbandriss im November 2013 ist auf dem hohen WM-Niveau nicht zu kaschieren.
Auch Schweinsteiger war wegen Patellasehnenproblemen in der WM-Vorbereitung gehandicapt. Eine 1a-Bewerbung für die Startelf gegen die USA war sein erster Brasilien-Einsatz zwar noch nicht. Immerhin ist Schweinsteiger aber wieder eine Option. Öffentlich positionieren mochte sich der 29-Jährige nicht. Abwinkend trottete er ohne Worte mit seinem Rollköfferchen an den Reportern vorbei aus der Arena Castelão.