Land unter in Passau: Helfer schwitzen, Bürger schimpfen
Passau (dpa) - Die Anwohner und Ladenbesitzer in der Passauer Altstadt haben Angst und Ärger. So ein Hochwasser wurde für die Dreiflüssestadt nicht vorhergesagt.
In der Nacht zum Sonntag stieg der Wasserstand innerhalb weniger Stunden auf mehr als 9,50 Meter - weite Teile der Altstadt sind überflutet. Viele Menschen wurden von den Wassermassen überrascht und können ihre Häuser nicht mehr verlassen oder betreten. Am Sonntagmittag löste die Stadt gar Katastrophenalarm aus.
„Ich war am Samstag noch in meinem Souvenirladen, als das Wasser kam und es immer gefährlicher wurde“, sagt Christine Bauer. Jetzt steht sie im Hausflur und kommt nicht mehr hinaus. Die Einsatzkräfte hatten zwar rechtzeitig Stege für die Anwohner aufgestellt. Unter den Planken steigt das Wasser jedoch so rasch an, dass Teile dieser Behelfsbrücken unter Wasser stehen und gesperrt sind. Christine Bauer ist wütend auf die Einsatzkräfte und ruft aus dem Flur einem Feuerwehrmann zu, dass man zumindest ein Holzbrett zum Steg bauen sollte. „Wir können nicht zaubern“, lautet die Antwort.
Seit Stunden arbeiten in Passau rund 400 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Wasserwacht und Technischem Hilfswerk unter Hochdruck - die Lage unter Kontrolle bringen können sie jedoch nicht. Es fehlt an Sandsäcken, Wänden und Pumpen. Und die Lage wird sich noch zuspitzen, ist Andreas Dietz von der Wasserwacht überzeugt. „Wir rechnen bis Sonntagabend mit einem Pegelstand von 11,20 Meter. Das ist schlimmer als beim Jahrhunderthochwasser 2002.“
Hilfe für die Menschen in der besonders betroffenen Höllgasse kommt derzeit nur noch per Boot. „Mein kranker Nachbar ist am Morgen mit einem Boot vom Roten Kreuz geholt worden. Anders kommen wir nicht mehr raus“, erläutert Herbert Würzinger. Er kennt die Situation und hat sich vorbereitet.
Manche Bewohner sehen die Lage mit Galgenhumor. „Ich habe ein Haus am See“, scherzt Anne Lamby. Sie selbst wohnt, sicher vor den Wassermassen, in der dritten Etage. Die ganze Nacht habe sie geholfen, das Wasser aus dem Erdgeschoss fernzuhalten - ohne Erfolg. Relativ entspannt sieht auch Hannelore Zabuesnig das Hochwasser. Sie habe erst gar keine Schutzwände vor ihrem kleinen Geschäft mit Andenken angebracht. „Das Wasser sucht sich eh seinen Weg. Ich habe schon vor drei Tagen das Geschäft leergeräumt.“
„Sandsäcke und Pumpen bringen jetzt nichts mehr, weil das Grundwasser durch den Boden drückt“, erklärt der Feuerwehrmann Stephan Brückner. Die Anwohner sollten die überschwemmten Räume mit frischem Wasser fluten, damit der Druck auf die Bodenplatten größer wird und diese nicht von unten hochgedrückt werden.
Freuen können sich über das Wasser lediglich einige Schulkinder. Die Altstadt-Grundschule bleibt zumindest an diesem Montag geschlossen. Dort wurde die Heizung ausgebaut, damit sie kein Opfer des Hochwassers werde.