Löw bejubelt WM-Sieg gegen Ex-Chef
Recife (dpa) - Es war das Duell, das beide „gern vermieden“ hätten. So aber wurde es der große „Showdown“. Löw gegen Klinsmann, Bundestrainer gegen Vorgänger - das WM-Achtelfinale stand auf dem Spiel.
Freuen durften sich am Ende beide. Ganz besonders natürlich Gewinner Löw.
Abklatschen, Umarmung, Schulterklopfen - nach dem Schlusspfiff freuten sich Jürgen Klinsmann und Joachim Löw gemeinsam über das WM-Achtelfinale. Erst von seinem Vorgänger im Amt des Bundestrainers erfuhr Löw am Donnerstag in Recife nach dem eigenen 1:0 (0:0)-Erfolg der DFB-Auswahl gegen die USA vom Resultat des zweiten Gruppenspiels. „Dann habe ich ihm gratuliert“, schilderte Löw den schönen WM-Moment. Durch Portugals 2:1 gegen Ghana waren auch die Amerikaner weiter.
Endlich hatte die selbst auferlegte Kontaktsperre der beiden Männer mit der „gegenseitigen Bewunderung“ (Klinsmann) ein Ende. Die zwei Macher des Sommermärchens 2006 bleiben nach dem finalen WM-Gruppenduell, das laut Löw „beide gerne vermieden hätten“, weiter mittendrin im Fußball-Spektakel in Brasilien. Für Löw war es zudem der 50. Pflichtspielsieg als Bundestrainer.
„Ich denke schon, dass es ein besonderes Spiel war. Bei einer WM so aufeinanderzutreffen, kommt ja wahrscheinlich nicht mehr vor“, sagte Klinsmann. Was vor zehn Jahren am Comer See zwischen dem damals frisch ernannten DFB-Bundestrainer Klinsmann und seinem auserwählten Assistenten begann und sich zu einer Freundschaft entwickelte, gipfelte am Donnerstag im Gruppenfinale bei der Weltmeisterschaft. „Wir können uns beide völlig freimachen von diesen Dingen“, versprach der aktuelle Coach der deutschen Mannschaft vor dem „Showdown“.
Mit gebührendem Abstand hinter ihren Mannschaften zeigten sich die beiden Kontrahenten des Tages in der Arena Pernambuco, marschierten schnurstracks zu ihren Trainerbänken. Dort machte der voller Vorfreude strahlende Klinsmann seine Ankündigung wahr, als er beide Nationalhymnen mitsang. Als „wunderbaren Moment“ sah der Weltmeister von 1990 das Duell gegen die ehemalige Auswahl an.
Lange hielt es die beiden Protagonisten im Regen von Recife erwartungsgemäß nicht im schützenden Bank-Bereich. Als Erster stand Löw nach wenigen Minütchen dirigierend in seiner Coachingzone, lobte oder tadelte - und war dabei pitschepatschenass.
Klinsmann zog es nur wenig später auch raus in den Regen. Der 49-Jährige lebte das Spiel mit wie in besten DFB-Zeiten, explodierte bei einer Schiedsrichter-Entscheidung nach der Pause förmlich. Zum Schutz vor den Wassermassen hatte sich der frühere Bayern-Coach in der ersten Hälfte ein blaues USA-Käppi aufgesetzt, trug eine Team-Sportjacke.
Löw entledigte sich beim Gruppenfinale im Nordosten Brasiliens sehr rasch seines Regenschutzes, coachte von da an bis zum Pausenpfiff im schwarzen Hemd und grauer Hose an der Seitenlinie. Das Hemd klebte schon nach wenigen Minuten am Oberkörper des 54-Jährigen. Vergeblich versuchte er, sich mit einem schwarz-rot-goldenen Handtuch zu trocknen.
Der US-Coach machte sich zur Halbzeit als Erster auf in die Kabine, Löw kam als Erster wieder raus. Das klatschnasse Hemd blieb drinnen, im Polo-Shirt kehrte er an den Rasenrand zurück. Ein paar Anweisungen an Miroslav Klose - und dann durfte Klinsmann nach Lahm, Schweinsteiger, Mertesacker und Podolski seinen fünften Sommermärchen-Nationalspieler in diesem Spiel kicken sehen. Und auch mit dem Torschützen verbindet Klinsmann eine gemeinsame Zeit. Unter dem 108-maligen Nationalspieler als Bayern-Coach debütierte Thomas Müller im August 2008 in der Bundesliga.
So glücklich beide Trainer über den Einzug in das Achtelfinale waren, so froh dürften beide auch nach der WM sein. „Jogi macht seine Aufgabe, ich mache meine. Jetzt gibt es keine SMS, keine Handygespräche. In drei Wochen können wir dann wieder telefonieren“, kündigte Klinsmann bereits vor dem Anpfiff an - und dann wollen beide auf eine erfolgreiche WM in Brasilien zurückblicken.