Merkel hält Giftgaseinsatz für „Zäsur“

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält eine internationale Reaktion auf den Giftgaseinsatz in Syrien für „unabdingbar“. Merkel sprach am Mittwochabend am Telefon mit dem britischen Premierminister David Cameron über die Lage in Syrien.

Beide seien sich einig gewesen: „Dieser Giftgasangriff ist eine Zäsur in dem schon lange andauernden internen Konflikt. Das syrische Regime darf nicht hoffen, diese Art der völkerrechtswidrigen Kriegführung ungestraft fortsetzen zu können“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Welche Konsequenzen infrage kommen, lässt die Bundesregierung jedoch weiterhin offen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) telefonierte am Mittwoch mit US-Verteidigungsminister Chuck Hagel. Es sei um eine Antwort der Weltgemeinschaft auf den Chemiewaffeneinsatz in Syrien gegangen, teilte das Pentagon mit. Einzelheiten wurden nicht genannt, das Bundesverteidigungsministerium in Berlin wollte sich nicht äußern.

Merkel hat immer wieder betont, dass sie weiter auf eine politische Lösung hofft. Einen internationalen Militäreinsatz mit Beteiligung der Bundeswehr sieht die schwarz-gelbe Koalition mit größter Zurückhaltung. Die britische Regierung hatte hingegen zu den ersten gehört, die an der Seite der USA einen Militärschlag gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad forderten. Inzwischen will Cameron der Diplomatie jedoch wieder mehr Zeit geben.

Merkel begrüßte in ihrem Telefonat mit Cameron die britische Initiative für eine Syrien-Resolution. „Beide hoffen, dass kein Mitglied des Sicherheitsrates vor diesem Verbrechen an der Menschheit die Augen verschließen wird und dass entsprechende Konsequenzen beschlossen werden“, erklärte Seibert. Am Mittwoch ging eine Sitzung des Weltsicherheitsrates jedoch ohne Beratungen über die von London vorgeschlagene Syrien-Resolution zu Ende.

Aus Sicht von Merkel und Cameron ist der „flächendeckende Einsatz von Giftgas gegen die syrische Zivilbevölkerung“ inzwischen hinreichend belegt. „Und: Das syrische Regime verfügt über die entsprechenden Kampfstoffe, das Know-how zu dessen Einsatz und die Träger für dessen Ausbringung.“

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) nannte den Giftgasangriff ein „zivilisatorisches Verbrechen“. Die Antwort der internationalen Gemeinschaft auf einen unerträglichen Tabubruch müsse man aber von dem Bürgerkrieg in Syrien und dem anhaltenden Einsatz für eine politische Lösung trennen, sagte er der in Chemnitz erscheinenden „Freien Presse“.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück forderte Merkel im „Hamburger Abendblatt“ auf, Druck auf Russland auszuüben, um zu einer gemeinsamen Position im Weltsicherheitsrat zu kommen.

Eventuelle Militärschläge gegen Syrien könnten auch die Sicherheitslage in Deutschland und Europa verschärfen. Wie die „Rheinische Post“ unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtet, befürchten die Behörden, dass von den rund tausend in Syrien kämpfenden Islamisten aus europäischen Ländern viele in ihre Heimatländer zurückkehren könnten, um dort Anschläge auf amerikanische, britische und französische Einrichtungen zu verüben. Aus Deutschland seien 120 Islamisten in Syrien. Deshalb seien die Behörden nach den Angaben in Bund und Ländern bereits sensibilisiert.