Porträt Mexikos Präsident Peña Nieto bietet Rowdy Trump die Stirn
Mexiko-Stadt (dpa) - Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto ist ein Mann mit Manieren. Stets wie aus dem Ei gepellt, verbindlich im Ton, hin und wieder vielleicht ein wenig dröge. Jetzt hat er es mit einem US-Präsidenten zu tun, der sich aufführt wie ein Schulhofschläger.
Mit einer Reihe von Provokation hat Donald Trump ihn praktisch dazu gezwungen, Haltung zu zeigen. Ein für kommende Woche anberaumtes Treffen im Weißen Haus sagte Peña Nieto ab. Trump hatte den Bogen einfach überspannt.
Peña Nieto ist ein Mann der Kungelrunden, ein Strippenzieher. Seine Statements sind glatt gebügelt, oft langweilig. Trump hingegen haut auf Twitter scheinbar einfach raus, was ihm gerade in den Sinn kommt. Die nassforsche Art des US-Präsident kommt offenbar bei vielen Amerikanern gut an. Endlich mal jemand, der nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt. Ein Volkstribun par excellence.
Peña Nieto hingegen hat wenig Gespür für die Stimmung in seinem Volk. Er zaudert, laviert, findet oft nicht den richtigen Ton. Seine Umfragewerte sind im Keller. Nur noch zwölf Prozent der Mexikaner bescheinigen ihm eine gute Regierungsführung. Das ist der schlechteste Wert aller Zeiten für einen Präsidenten. Schon wittern Populisten Morgenluft.
Zuletzt brachte der Präsident die Mexikaner mit einer saftigen Benzinpreiserhöhung gegen sich auf. Tagelang blockierten aufgebrachte Bürger Tankstellen und plünderten Supermärkte. Wortreich erklärte Peña Nieto, warum der Staat den Treibstoff nicht länger subventionieren könne und dass das Benzin immer noch billiger sei als im Rest der Region. Bei den Mexikanern blieb vor allem hängen, dass der Spross einer einflussreichen Politikerdynastie sich mehr um die globalen Finanzmärkte kümmert als um die einfachen Leute.
Der Jurist hatte 2012 nach zwei Präsidenten der konservativen PAN das höchste Staatsamt für die traditionelle Regierungspartei PRI zurückerobert. Er versprach einen neuen Politikstil, jenseits vom autoritären Gehabe der alten PRI. Die Partei der Institutionellen Revolution hatte Mexiko rund 70 Jahre lang regiert und sich das Land zur Beute gemacht.
Böse Zungen behaupteten, dass Peña Nieto von Lateinamerikas größtem Fernsehkonzern Televisa in den Präsidentenpalast gehievt wurde. Der Staatschef ist mit der ehemaligen Telenovela-Schauspielerin Angélica Rivera verheiratet. Das telegene Ehepaar mit seiner adretten Kinderschar wirkt selbst wie einer Seifenoper entsprungen.
Peña Nieto startete zunächst ambitioniert durch: Er schloss mit der Opposition einen „Pakt für Mexiko“ und trieb eine Reihe von Strukturreformen in den Bereichen Bildung, Energie, Steuern und Justiz voran. Die US-Zeitschrift „Time“ hob ihn als „Retter Mexikos“ auf den Titel.
Viele stieß er mit seinem Reformeifer allerdings auch vor den Kopf. Lehrer, die ihre Posten teilweise über Generation hinweg erbten, sollten sich plötzlich Prüfungen unterziehen. Der Energiekonzern Pemex, seit der Verstaatlichung der mexikanischen Erdölindustrie in den 1930er Jahren der Stolz des Landes, geht jetzt Kooperationen mit ausländischen Unternehmen ein.
So wichtig der radikale Kurswechsel sein mag, um die verkrusteten Strukturen in Mexiko aufzubrechen, so wenig wusste Peña Nieto ihn zu verkaufen. Was dem Sohn aus reichem Hause fehlt, ist politisches Gespür und Kommunikationstalent. Als 43 Lehramtsstudenten im Bundesstaat Guerrero verschleppt und vermutlich getötet wurden, riet er den Familien schon bald, darüber hinwegzukommen.
Eineinhalb Jahre vor dem Ende seiner Amtszeit steht Peña Nieto jetzt vielleicht vor der größten Herausforderung. Wie soll er mit dem Bully im Weißen Haus umgehen? Um daheim nicht vollends das Gesicht zu verlieren, muss er Trump Contra geben.
Das Poltern entspricht nicht seinem Naturell, aber jetzt hat er sich gerade gemacht. Peña Nieto hat Trump gezeigt, dass Mexiko sich nicht herumschubsen lässt. Das ist wichtig für die mexikanische Volksseele. Irgendwann wird es sich allerdings mit dem US-Präsidenten auseinandersetzen müssen.